Zuckerbrot aus der Reserve

■ Georg-Bitter-Trasse: Weil für Verkehrsberuhigung und Stadt-verschönerung das Geld fehlt, soll ISP-Reserve angezapft werden

Jetzt geht es ans Eingemachte: Um den Umbau der Hamburger Straße und andere „flankierende Maßnahmen“ der Georg-Bitter-Trasse zu finanzieren, sollen die Reserven des Investitionssonderprogramms (ISP) angezapft werden. Eine entsprechende Be-schlussvorlage liegt den Wirtschaftsförderungsausschüssen vor, die am heutigen Donnerstag tagen. Der Grund: Wie befürchtet, steht der noch erforderliche Betrag von über 18 Millionen Mark für Stadtverschönerung und Verkehrsberuhigung im bereits aufgestockten ISP-Fonds nicht mehr zur Verfügung – so heißt es in dem Papier. 1,5 Millionen wurden bereits für Planungen ausgegeben.

1998 hatten sich SPD und CDU darauf geeinigt, dass die heiß umkämpfte Trasse nur dann gebaut werden darf, wenn zeitgleich ihr Umfeld „städtebaulich und verkehrlich“ aufgewertet wird – offensichtlich ohne eine Ahnung davon zu haben, aus welchem Topf die nötigen Millionen geschöpft werden sollen. Jetzt, da die Georg-Bitter-Trasse wächst und gedeiht, geraten die zuständigen Ressorts in Zugzwang. Und haben sich eine Lösung ausgedacht, die manche zumindest als „putzig“ bewerten. Andere Kritiker sprechen von einem Desaster.

Da eigentlich kein Geld mehr da ist, soll die im ISP-Fonds unter „Sonstiges“ im Jahr 2004 vorhandene Reserve angezapft werden – nach heutigem Planungsstand etwa 26 Millionen Mark. Um jedoch auch vorher schon bauen zu können, leiht man sich rund 6,3 Millionen Mark vom ISP-Schwerpunktprojekt Ocean-Park, die 2004 dann „rückgeführt“ werden sollen. Eine Umschichtung, die im Wirtschaftsressort als das Normalste der Welt angesehen wird: Finanzierung sei halt immer etwas „Prozesshaftes“. Bei den 26 Millionen handele es sich um die Gesamtreserve, so Ressortssprecher Thorsten Groth.

Immerhin: Mit Hilfe der knapp 6,3 Millionen und weiteren Finanzmitteln könnte 2001 mit dem Umbau der Hamburger Straße ab Stader Straße bis einschließlich Fleetrade begonnen werden. Kritiker hatten befürchtet, dass sich die Wirtschaftsförderungsausschüsse in diesem Jahr gar nicht mehr mit dem Thema beschäftigen – und die „flankierenden Maßnahmen“ verschleppt werden (taz berichtete).

Die baupolitische Sprecherin der Grünen, Karin Krusche, fragt nun, was mit dem Rückbau der Stader Straße und der Fährstraße wird, die ursprünglich höchste Priorität hatten. Die Hamburger Straße soll wegen Kanalbauarbeiten vorgezogen werden. Krusche fragt sich auch, wer eigentlich noch alles ein Auge auf die ISP-Reserve geworfen haben könnte. Ihr Kollege von der SPD, Carsten Sieling, will das Wort „Reserve“ bereits in anderen Beschlussvorlagen entdeckt haben.

Für den SPD-Baupolitiker ist es ein ziemlich „dicker Hund“, dass das Wirtschaftsressort für das Trassen-Rahmenprogramm damals „offensichtlich kein Geld eingestellt“ hat. Das habe mit langfristiger Planung nichts zu tun. Indes: Wenigstens werde die Reserve für etwas Sinnvolles genutzt. Die Grüne Krusche hingegen sieht den Bürgerschaftsbeschluss, „zeitgleich“ Geld bereitzustellen, missachtet. Heute fällt die Entscheidung, ob wenigstens ein Stückchen Zuckerbrot – nichts anderes sind aus Krusches Sicht die „flankierenden Maßnahmen“ – pünktlich geliefert wird. hase