Filmstarts à la carte
: Ein Glücksfall für den Tourismus

■ Das Phänomen der so genannten „Ostalgie“ ist - sofern man das als westdeutscher Mensch beurteilen kann - dem Ex-DDR- Bürger wohl bekannt: Im Rückblick auf den Arbeiter- und Bauernstaat verklärt sich so manches, was man zum Zeitpunkt der realen Existenz desselben doch eigentlich gar nicht lustig fand. Um dieses Thema kreist auch die amüsante Satire „Marcal“ (Der Geist von Marschall Tito) des kroatischen Regisseurs Vinko Brecan. In seinem Film feiert der Kommunismus nämlich fröhliche Urständ, als auf einer Adria-Insel plötzlich der vermeintliche Geist von Ex-Staatschef Tito in voller Uniform erscheint. Um die kleine Kommune entbrennt ein aberwitziger Kampf: Während Titos ehemalige Kampfgefährten glauben, mit dem Marschall an der Spitze noch einmal die Macht erobern zu können, hat ein cleverer Unternehmer das Gespenst schnell als einen Glücksfall für die Tourismusbranche erkannt. Und so werden - während fröhlich die Internationale erklingt - schon bald wieder Paraden für Nostalgiker veranstaltet und rote Fahnen ausgehängt. Mitten in diesem Schlamassel steckt ein träger junger Polizist, der die seltsamen Vorkommnisse aufklären soll. Und bei all den Beinahe-Staatsstreichen, Geheimdienst-aktivitäten und Schauprozessen dieser Groteske kann einem das Lachen auch durchaus einmal im Hals stecken bleiben. Dass sich Titos Geist schließlich als entsprungener Irrer erweist, scheint bei der allgemeinen geistigen Verwirrung nur konsequent.

„Marcal“ (OmU) 1.12. im Arsenal 1, 2.12. im Babylon im Tschechischen Zentrum.

■ Die 2. Kroatischen Filmtage finden vom 27.11.- 11.12. statt. Eine Hommage an Monica Vitti präsentiert das Blow-Up-Kino in der kommenden Woche. Ihren internationalen Durchbruch feierte die italienische Schauspielerin zu Beginn der 60er Jahre in den Filmen von Michelangelo Antonioni: „L‘Avventura“, „Die Nacht“, „Liebe 1962“, „Die rote Wüste“ - sie alle handeln von der Bindungslosigkeit moderner Menschen, von Neurosen und Unsicherheiten in einer Zeit der Veränderung. Und Monica Vitti war die perfekte Protagonistin der ästhetisierten Sinnkrisen Antonionis: kühl, rätselhaft und ein wenig neurotisch. So hätte der Bruch mit diesem Image kaum größer sein können, als sie 1966 die Titelrolle in Joseph Loseys „Modesty Blaise - Die tödliche Lady“ übernahm. Aus der ursprünglich als Comic-Strip im Evening Standard erschienenen Geschichte um die exkriminelle Super-Agentin aus Leidenschaft machte Losey eine ultrabunte Parodie auf James-Bond-Filme: voller Geheimdienstaktivitäten, rasanten Autos, spiegelnden Oberflächen und Op-Art-Dekors à la Bridget Riley. Dazu darf Monica Vitti in jeder Szene ein neues Kleid und eine andere Frisur tragen und die Schurken mit sichtlichem Vergnügen umlegen. Seinerzeit von der Kritik nicht gut gelitten, ist der Film mit der absurden Handlung, den plötzlichen Gesangseinlagen und den gut gelaunten Co-Stars Terence Stamp und Dirk Bogarde heute ein ausgesprochener Camp-Klassiker. Und es steht zu vermuten, dass die selbstbewusste und humorvolle „tödliche Lady“ dem tatsächlichen Naturell ihrer Darstellerin weitaus näher steht als die sensitiven Neurotikerinnen der Antonioni- Filme.

„L‘Avventura“ (Om engl U) 2.12., „Liebe 1962“ 3.12., „Die Nacht“ 4.12., „Die rote Wüste“ 5.12., „Modesty Blaise - Die tödliche Lady“ 6.12. im Blow Up

■ Recht kompliziert gestaltet sich die „Komödie ums Geld“, ein 1936 in Holland entstandenen Exilwerk von Max Ophüls. Sogar derart vertrackt, dass selbst der Regisseur die Story um den biederen Kleinbürger Brand, der vorübergehend eine Tasche voller Geld verlegt, das seinem Arbeitgeber gehört, später nicht mehr richtig wiedergeben konnte. Die immer neuen Wendungen um den gesellschaftlichen Ab- und merkwürdigen Wiederaufstieg der Familie erweisen sich dennoch als überaus faszinierend: Da kann man einmal sehen, was alles so passieren kann, wenn man kein Geld hat - aber andere Leute annehmen, man hätte doch welches.

„Komedie om geld - Komödie ums Geld“ (OmU) 1.12. im Arsenal

Lars Penning