Elfenbeinküste will Ruhe und Geld

Der neue Präsident Gbagbo will das gespaltene Land wieder versöhnen. Denn dann kriegt er Hilfe aus Paris

BERLIN taz ■ Dem vor sieben Jahren verstorbene ersten Präsident der Elfenbeinküste, Felix Houphouet-Boigny, widerfährt unter dem heutigen Staatschef Laurent Gbagbo späte Genugtuung. In drei Monaten, so jubelte gestern die frühere Regierungszeitung Fraternité-Matin, werde endlich neben der gigantischen Basilika, die sich Houphouet-Boigny als Nachbau des römischen Petersdoms in sein Geburtsdorf Yamoussoukro hatte stellen lassen, mit dem Bau eines katholischen Krankenhauses begonnen. Auch eine katholische Universität sowie ein katholischer Rundfunksender sollen dem Bericht zufolge bis 2003 in den Graslandschaften entstehen, die den riesigen Kirchenbau umgeben.

Ausgerechnet unter dem Sozialisten Gbagbo, dem historischen Erzfeind Houphouet-Boignys, werden somit die schon längst vergessenen Prestigeprojekte des 1993 verstorbenen Landesvaters wieder zum Leben erweckt. Das auf umgerechnet 30 Millionen Mark angesetzte Klinikprojekt ist erstaunlich angesichts der Wirtschaftskrise der Elfenbeinküste, die früher das reichste Land des frankofonen Westafrika war, aber heute nicht einmal mehr ihre Beamtengehälter pünktlich bezahlen kann. Aber politisch gesehen, ist es für Gbagbo zwingend, das Erbe seines alten Widersachers anzunehmen. Houphouet-Boigny war ein Diktator, doch er steht bis heute im kollektiven Gedächtnis der Elfenbeinküste für eine Zeit, als sich die Ivoirer noch nicht nach Ethnien polarisierten und die Grenzen für afrikanische Immigranten noch offen standen. Gbagbo hingegen übernahm die Macht in einem Bürgerkriegsklima des ethnischen Hasses.

Gbagbo hatte am 22. Oktober die Präsidentschaftswahlen, die das seit Weihnachten 1999 herrschende Militär angesetzt hatte, gewonnen. Juntachef Robert Guei erkannte seine Niederlage nicht an, worauf Gbagbo zum Volksaufstand aufrief. Nach einem Tag streckten die Militärs die Waffen, Gbagbo übernahm die Macht. Dann gingen Anhänger des liberalen Oppositionspolitikers Alassane Ouattara, der vom muslimischen Norden der Elfenbeinküste unterstützt wird und bei den Wahlen nicht antreten durfte, auf die Straße und forderten Neuwahlen. Gbagbos Anhänger gingen auf die Jagd; in mehrtägigen Pogromen starben nach offiziellen Angaben 171 Menschen, nach inoffiziellen bis zu 500. Am 9. und 11. November begruben Regierung und Ouattaras Anhänger ihre Toten – in getrennten Zeremonien.

Doch am 10. Dezember steht der große Test an, der darüber entscheidet, ob die Regierung Gbagbo international hoffähig wird: Es soll Parlamentswahlen geben. Wenn sich zum ersten Mal in der Geschichte der Elfenbeinküste alle politischen Strömungen frei beteiligen dürfen und damit ein richtiges Mehrparteienparlament entsteht, wird Gbagbo international als Versöhner einer gespaltenen Nation dastehen. Darauf wartet vor allem die Exkolonialmacht Frankreich, die für diesen Fall 250 Millionen Mark Wirtschaftshilfe in Aussicht gestellt hat.

So sind derzeit von der Regierung Gbagbo ungewohnt versöhnliche Töne zu hören: Die sonst so umstrittene Zulassung von Kandidaten sei Angelegenheit der Wahlkommission allein, heißt es. Nun darf, wenn es nicht in letzter Minute eine Überraschung gibt, der verfemte Muslimenführer Ouattara kandidieren. Er will für seinen Geburtsort Kong ins Parlament einziehen. Gbagbos Partei hat dort nicht einmal einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Aus Versehen, sagt Wahlkampfleiter Dano Djédjé natürlich, um die militanten Muslimenhasser unter Gbagbos Anhängern zu besänftigen.

DOMINIC JOHNSON