Lauern BSE-Erreger im Gras?

Wissenschaftler sehen möglichen Übertragungsweg. Schleswig-Holstein weist Verschleierungsvorwurf zurück. Proben aus BSE-Herde werden untersucht

BERLIN ddp/dpa/taz ■ BSE-Erreger können möglicherweise über Böden und Weiden übertragen werden. Darauf wies gestern der Wissenschaftliche Beirat Bodenschutz der Bundesregierung hin.

Weideflächen „mit begründetem Verdacht einer Kontamination“ durch BSE-Erreger sollten vorsorglich unter Quarantäne gestellt werden, sagte der Beiratsvorsitzende Hans Willi Thoenes. Und zwar so lange, bis geklärt sei, ob von diesen Böden Gefahren für Mensch und Umwelt ausgingen. Aber auch die Entsorgung von Tiermehl müsse angesichts der neuen Erkenntnisse geprüft werden.

Dem Beirat zufolge gibt es einen wissenschaftlich begründbaren Verdacht, dass infektiöse Biomoleküle längere Zeit im Boden überdauern könnten. Der Beirat geht zwar nicht von einer akuten Gefährdung aus, weil derzeit keine infektiösen Mengen in Böden oder auf Weideflächen nachzuweisen seien. Das Risiko einer BSE-Übertragung könne aber nicht völlig ausgeschlossen werden.

Zu den Besonderheiten von Prionen – zu denen die BSE-Erreger gehören – zählt, dass sie im Vergleich zu anderen Proteinen besonders widerstandsfähig gegen Hitze und Sonneneinstrahlung sind. Die BSE-Forschung habe sich bislang nur auf die Tiere, Fleisch und Tiermehl konzentriert, sagte Professor Dietrich Henschler von der Universität Würzburg: „Wir haben den Boden völlig vergessen.“

Die Kieler Landesregierung hat unterdessen Vorwürfe einer Tierärztin zurückgewiesen, im Schlachthof von Bad Bramstedt nördlich von Hamburg seien 1993 BSE-Fälle verschleiert worden. Der Chefveterinär des Landes sagte, alle damals beanstandeten Fälle seien untersucht worden.

Die staatlichen Veterinärlabors im niedersächsischen Oldenburg und im nordrhein-westfälischen Münster haben gestern mit der Untersuchung von 169 Rinderhirnen begonnen. Die Proben stammen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb in Hörsten im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Dort waren nach einem BSE-Fall alle Tiere der Herde getötet worden. THM