Ein Traum: Die Häfen als exklusives Revier

■ Vierstündiges „Gesprächsforum“ in der Angestelltenkammer sollte neuen Wind in die Häfen-Diskussion bringen: Die Erkenntnis, dass die Häfen etwas ganz „Exklusives“ sind

Klaus Hübotter, eigentlich Bauunternehmer, sieht sich derzeit als Pinguin. Richtig gehört: Als Pinguin, der aufgeregt vor einer Spalte im Eis steht und möglichst bald darüberhüpfen möchte. Den Sprung, den der Unternehmer tun möchte, ist die Revitalisierung des Speichers XI.

Das ist natürlich nichts wirklich Neues, obwohl der Titel der Veranstaltung, auf der Hübotter den Pinguin gab, solches suggerierte: „Neues von den Alten Häfen“, ausgerichtet von der Angestellten- und der Arbeiterkammer zu Bremen. Ein vierstündiges „Gesprächsforum“ im Kultursaal der Angestelltenkammer sollte die öffentliche Diskussion über die Entwicklungsperspektiven der Alten Hafenreviere wieder in Gang bringen. Auf dem Podium: Ein Multimedia-Mann, Museumsleute, Vertreter der beiden Kammern, Unternehmer, ein SPD-Baupolitiker, ein ehemaliger Ortsamtsleiter, ein taz-Redakteur als Moderator.

Allein, wirklich diskutiert wurde wenig bis gar nicht, weil die vielen aufgeklärten Damen und Herren weitgehend der selben Meinung waren: Großmarkt, 1,5 Kilometer Dittmeyer-Kaje, Space-Park und wie sie sonst noch alle heißen, sind von Übel, eine phantasievolle, das Alte nicht verleugnende, vielfältige, wahrhaft urbane Entwicklung der alten Hafengebiete begrüßenswert. Von Identität, Stadtimage, ja von Exklusivität des Hafenareals war die Rede. Nur: Womit beginnen? Und wie?

Da war es doch schön, dass Hübotter mit weit gereiften Plänen und deutlich zur Schau gestellter Aufbruchstimmung vor Ort war. Egal, ob es nun die 15-Millionen-Sparversion oder die laut Hübotter nur doppelt so teure Hochschule-für-Künste-Version wird – der Bauunternehmer möchte in Sachen Speicher XI nun endlich „losmarschieren“. Variante Eins sei praktisch finanziert. Allerdings: Der Staat müsse sich an der Asbestsanierung beteiligen. Auch wer die laufenden Kosten des geplanten (Focke-) Hafenmuseums bezahlt – eine halbe Million Mark jährlich – ist noch unklar. Möglicherweise sollen die übrigen künftigen Speicher-Nutzer eine Art Kulturgroschen bezahlen, auch werden Sponsoren gesucht.

Wenigstens das Problem, dass das denkmalgeschützte Gebäude auf der Nordseite (noch) keine Fenster hat, ist schon geklärt. In diesem Monat soll bereits ein Speichersegment eingerüstet werden, um die Sanierungsarbeiten zu üben. Ziel ist ein städtisch-kultureller „Kristallisationspunkt“ in den alten Häfen.

Und es gäbe noch viele andere besondere Orte! Das – noch genutzte – Feuerwehr- und Zollgebäude am Holzhafen beispielsweise. Hier sieht der ehemalige Ortsamtsleiter West, Bernd Peters, bereits ein Fischrestaurant – mit Blick aufs Wasser und die imposanten Mühlenbauwerke. Exklusive Lage! Und dann erst der Getreidespeicher. Es wüssten einfach viel zu wenige Bremer, welche Qualitäten sich hinter Hafenflächen verbergen würden. Peters forderte, dass die Bürger selbst aktiv werden, und sich „offensiv“ um mögliche Leerstände kümmern. Irgendwann seien die Menschen „virtuelle Welten“ wie den Space Park garantiert leid, sagte ein anderer.

Regelrecht unterhaltsam wurde es, als der Gesprächsfluss in Richtung Innenstadt mäandrierte – denn hier ging es zum Ende hin um nichts Geringeres als um das zähe Ringen zwischen Tradition und Moderne. Warum nur haben die Düsseldorfer an ihrem alten Rheinhafen einen neuen Medienstadtteil eingerichtet, während die Bremer ihre attraktiv gelegene, aber noch vom City-Verkehr abgeschnittene Hafenvorstadt-Brache links liegen lassen? Wo sich doch die meisten Multimedia-Firmen – wie Unternehmer, Lobbyist und Wassersportler Detlef Hanke betonte – hier richtig gut fühlen würden? Mit freier Wasserstraße bis New York und urbanem Drumherum, das dem Technologiepark völlig abgeht.

Ewiges politisches Zuständigkeitsgerangel, „weltfremde Wirtschaftsförderungsstrukturen“ (Carsten Sieling, SPD), der „Gewerbegebietsgedanke“ (Hanke) hießen einige der Diagnosen. Und: Es fehlt einfach eine identitätsstiftende architektonische Attraktion – wie das neue, aufgestockte Siemens-Hochhaus – so Moderator Klaus Wolschner.

Für den Senior des Abends, den unternehmungslustigen Wein-Großhändler und Ur-Bremer Heinz Bömers („seit 250 Jahren“), ist das Thema eine ganz unglückliche Sache. Es liege so viel brach in der Hafenvorstadt, „da muss man sich drum kümmern!“ Nur, ob das alles so modernistisch aussehen muss wie in Düsseldorf? Überhaupt: Düsseldorf! „Das ist doch alles mögliche“, so Bömers, „aber doch keine schöne, alte, gewachsene Stadt“. Wie Bremen eben. hase