Der leise Abschied von den Hardy Boyz

„Schau’n wir mal“: tm3 sieht seinem Neustart unter H.O.T.-Ägide mit gedämpftem Optimismus entgegen

Was passiert, wenn Krämer Programm machen, wird sich demnächst auf tm3 besichtigen lassen. Wo sich jetzt noch – sehr zur Freude eines pubertierenden Publikums – Wrestler gegenseitig die Rippen brechen, soll ein „unterhaltungsorientiertes Programmangebot“ erblühen.

So will es Georg Kofler, neuer tm3-Hausherr und Chef des Einkaufssenders H.O.T., der streng genommen ein „Mediendienst“ ist und selbst kein richtiges Programm machen darf. Nun, da tm3 von der H.O.T. Networks AG geschluckt wurde, will Kofler ein „24-Stunden-Liveprogramm“ etablieren. Bei tm3 hat man freilich gelernt, solche Ankündigungen mit Vorsicht, aber doch zu genießen: „Das ist eine schöne Absichtserklärung von Herrn Kofler“, meint denn auch Unternehmenssprecherin Petra Winheller: „Wir schauen jetzt erst mal, was wird.“ Was war, ist schnell erzählt: Mal sollte tm3 sich als Frauen-, mal als Fußballsender profilieren. Und weil beides in die Hose ging, dümpelt die Marke bisher kontur- und konzeptlos dahin. Mit kruden Eigenproduktionen wie der „Vorher-Nachher Show“ oder „Echt scharf!“ war bisher keine nennenswerte Quote zu machen.

Nicht mal Geschäftsführer Marco Deutsch kann genau sagen, wohin die Reise geht. Statt dessen greift er tief in die Kiste mit den Worthülsen und wähnt seinen Sender „auf dem Weg zu einem spannenden, abwechslungsreichen Liveprogramm und einem immer frischen Unterhaltungsfernsehen“. Ein „mit Sicherheit hohes Zuschauerinteresse“ will Deutsch mit „Interaktivität und mehr Service für unser Publikum“ wecken. Diesen Zweck soll ab Januar 2000 die neue Sendung „Urlaubsreif“ erfüllen, das erste Projekt unter H.O.T.-Ägide. In der täglichen Reiseshow können Zuschauer „Fragen stellen, Erfahrungen austauschen“ – und Urlaubsreisen kaufen. Spekulationen über eine Umwandlung von tm3 zu „Sun TV“, einer Art Jugendssender „für ein internet-affines Publikum“ sind damit vom Tisch: „Das war ein anderes Konzept unter anderen Vorzeichen“, sagt Petra Winheller.

Sie sieht tm3 aber keineswegs auf dem Weg zum Shopping-Kanal: „Aus tm3 eine Art H.O.T.2 zu machen steht derzeit nicht zur Debatte.“ Deshalb sind die Münchner auch zuversichtlich, dass die bei der Bayerischen Landesanstalt für Neue Medien beantragte Programmänderung abgesegnet wird: „Wir rechnen fest damit, weil sich die geplante Änderung im Rahmen unserer geltenden Lizenz bewegt.“

Im Abendprogramm soll indes künftig nach Kräften Zweitverwertung betrieben werden: Highlights wie „MASH“, „Die Notärztin“ oder „Die Viersteins“ waren alle schon auf Pro7 zu sehen. Und mit dem „Gletscherclan“ kehrt eine Serie auf den Bildschirm zurück, die ausgerechnet Georg Kofler in seiner Zeit als Pro7-Chef gekippt hatte.

Gekippt werden soll nun auch Wrestling – das einzige Format, in dem tm3 bisher ganz vorne mitspielte. Heute Abend stehen sich übrigens in einem spannenden Match Steven Richards, Val Venis, Bull Buchanan und The Goodfather den Dudley Boyz und den Hardy Boyz gegenüber.

ARNO FRANK