Mehr Verbote

Landwirtschaftsministerium: Zur BSE-Bekämpfung reicht es nicht, Tiermehl nicht mehr zu verfüttern. Es darf auch nicht mehr als Dünger dienen

von THOMAS STROHM

Der Einsatz von Tiermehl in Düngemitteln soll in Kürze verboten werden. Das sei nach dem Verbot der Verfütterung „der nächste Schritt“, sagte ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BLM) gestern der taz. Details konnte er zwar noch nicht nennen, das Verbot solle aber „sehr bald“ erfolgen.

Momentan erlaubt das Düngemittelgesetz laut BLM die Beimischung von „hygienisch einwandfrei aufbereitetem“ Tiermehl bei organischen Düngern. Diese werden vor allem dort verwendet, wo Wert auf schadstoffarmen Anbau gelegt wird, beispielsweise bei Gemüse, das für Babynahrung vorgesehen ist. Nach Angaben aus dem BLM kann das je nach Bundesland sogar im ökologischen Anbau sein. Die Zumischung von stickstoffhaltigem Tiermehl muss nach Angaben von Händlern nicht auf der Verpackung stehen. Dort werden nur die Tiermehl-Typen und der prozentuale Stickstoffanteil deklariert: Ob der aus Hornspänen, Tiermehl oder etwa Rizinusschrot stammt, bleibt für den ungeschulten Verbraucher unklar.

Der Wissenschaftliche Beirat Bodenschutz des Bundesumweltministeriums hatte in dieser Woche erklärt, dass BSE-Erreger möglicherweise auch über Weiden übertragen werden könnten. Auf diese Gefahr hatten Wissenschaftler schon vor einigen Jahren hingewiesen. Die Erreger könnten über die Ausscheidungen der Tiere auf Wiesen und Felder gelangen, aber auch durch Düngemittel, in denen Tiermehl enthalten ist.

„Wenn der Wissenschaftliche Beirat einen begründeten Verdacht sieht, dass es ein BSE-Infektionsrisiko auf der Weide gibt, dann müssen wir das schnellstmöglich aufklären“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) gestern. Er plädierte dafür, Flächen des Betriebes zu pachten, in dem die erste deutsche BSE-Kuh entdeckt worden war. Dort könne man Untersuchungen anstellen. Zugleich wies Funke aber auch auf andere Meinungen hin: Danach können Prionen, zu denen die BSE-Erreger gehören, von Pflanzen nicht aufgenommen werden und sich nicht am Boden vermehren.

Der Münchner BSE-Experte Hans Kretzschmar sagte im DeutschlandRadio Berlin, es gebe bisher keinen Hinweis, dass der BSE-Erreger über Weiden und Böden weitergegeben werde: „Wenn das so wäre, dann würde man erwarten, dass in Großbritannien zahlreiche Tiere erkrankt sind, weil sie sich über die Weiden angesteckt haben.“ Dort seien aber in vielen Tierherden nur ein oder zwei Tiere erkrankt. Der Präsident der Vereinigung zur Bekämpfung von Viruskrankheiten, Hans-Wilhelm Dörr, sprach von einem „rein theoretischen Risiko“.

Allerdings hatte im Mai dieses Jahres auch der britische BSE-Experte Alan Dickenson aus Edinburgh erklärt, dass Kuhfladen von erkrankten Rindern ein „wirkliches Infektionsrisiko“ darstellten. Und schon im Mai 1996 hatte der Molekularbiologe Richard Lacey aus Leeds in einem taz-Interview vor verseuchten Weiden gewarnt.