„Unser Sohn sollte ins Heim“

Im Todesfall Joseph Abdulla in Sebnitz mehren sich die Anschuldigungen gegen seine Eltern: Die Eltern des Jungen, der Josephs Leiche fand, fühlen sich von Kantelberg-Abdullas hinters Licht geführt und erpresst. Staatsanwaltschaft: „Das passt ins Bild“

aus Sebnitz HEIKE HAARHOFF

In den Auseinandersetzungen um den Tod des sechsjährigen Joseph Abdulla im Freibad von Sebnitz mehren sich Aussagen, die für eine Beeinflussung der Ermittlungen durch die Eltern des Kindes sprechen. Jetzt wandten sich die Eltern von René G., der am 13. Juni 1997 Josephs regungslosen Körper im Wasser entdeckte, mit Vorwürfen gegen die Familie Kantelberg-Abdulla an die Öffentlichkeit. Christian G., der Vater des Jungen, behauptet im Gespräch mit der taz, die Eltern hätten ein Foto inszeniert und als Beweis gegen seinen Sohn missbraucht und der Familie das Jugendamt „auf den Hals gehetzt“.

Obwohl die Umstände von Josephs Tod weiterhin ungeklärt sind, meint Christian G., dass sein Fall zeige, mit welchen Mitteln die Familie Kantelberg-Abdulla nach Schuldigen suchte. Gegen Renate Kantelberg-Abdulla wird mittlerweile wegen Anstiftung zur Falschaussage ermittelt.

Christian G.s Sohn René G., damals zwölf Jahre alt, habe den kleinen Joseph zusammen mit zwei Freunden, Ronni K. und Kai B., entdeckt, an den Beckenrand gezogen und dann Hilfe geholt. Obwohl sie Joseph persönlich nicht gekannt hätten, seien sein Sohn und dessen Freund Kai B. zu seiner Beerdigung gegangen. „Die hatten ihn doch geborgen“, sagt der Vater. Am Grab habe Saad Abdulla von René G. und Kai B. ein Foto gemacht, „zur Erinnerung“, soll er gesagt und die Jungen gebeten haben, zu lächeln. Dieses Foto, sagt der Vater, sei dann von der Familie Kantelberg-Abdulla als vermeintlicher Beweis gegenüber den Ermittlungsbehörden genutzt worden, dass die Jungen bei der Beerdigung gelacht hätten.

Von der Kripo erfuhr Christian G., dass Saad Abdulla angegeben habe, während der Beerdigung gehört zu haben, wie René G. zu Kai B. sagte: „Wir sind entdeckt. Was machen wir jetzt?“ – „Das hat mein Sohn nie gesagt“, behauptet der Vater. Es folgten Vernehmungen durch Polizei und Kinderpsychologen. Als die weder Schuld noch Tatbeteiligung ergaben, hätten die Kantelberg-Abdullas das Jugendamt eingeschaltet.

Es folgten, das bestätigt das Jugendamt Pirna, Hausbesuche. Später gab es ein Verfahren zur elterlichen Sorge vor dem Amtsgericht Pirna, sowie die Prüfung „vormundschaftlicher Maßnahmen“, laut Amtsgericht Pirna angestrengt von dem Münchner Rechtsanwalt Rolf Bossi, der die Familie Kantelberg-Abdulla vertritt. „Die wollten, dass unser Sohn ins Heim kommt“, sagt Christian G. Doch das Amtsgericht Pirna sah keinen Anlass zu vormundschaftlichen Maßnahmen; René G. blieb bei seinen Eltern. Rolf Bossis Münchner Kanzlei mochte dazu gestern „keine Erklärungen“ abgeben. In einer Presseerklärung hieß es lediglich allgemein, „eine Mutter, die den Tod ihres Kindes aufklären will“, nehme „auch im Gesetz eine Sonderstellung ein“. Der zuständigen Staatsanwaltschaft in Dresden ist dieser Fall nicht bekannt. „Er passt aber in das Bild, das sich bisher ergeben hat“, hieß es. Die Eltern von René G. gaben weiter an, vor etwa drei Monaten von einer ihnen nicht bekannten Anruferin ermahnt worden zu sein: Wenn sie sagen würden, woher sie das Gift für den kleinen Joseph gehabt hätten, würden sie künftig in Ruhe gelassen, soll die Anruferin gesagt haben.