Gleichmütigen Appetit!

In Hamburger Großküchen wird weiterhin gegessen, was schon immer auf den Teller kam – auch Rindfleisch  ■ Von Thomas Pauly

Acht unterschiedliche Gerichte, und in allen ist Fleisch drin. Eine Besucherin der Kantine im Straf-justizgebäude versucht, trotzdem ein vegetarisches Essen zu bekommen. Sie bestellt Bohnen, „nur grüne Bohnen, bitte“, und bekommt einen Teller Bohnen mit Fleisch durchmengt. Auf ihren Protest hin ist die Bedienung verblüfft: „Ganz ohne Fleisch?“

Offenbar kaum vorstellbar, auch für die, die den Speiseplan zusammenstellen. Denn trotz BSE gab es in der vergangenen Woche in der Gerichtskantine am Sievekingplatz keinen Mittag ohne Fleisch. Am Dienstag lagen beispielsweise Leberknödel auf den Tellern, und da fragte ein KantinenbesucherInnen einen anderen: „Was für ein Fleisch ist das eigentlich?“

Hat man Nachfragen zu dem, was in Hamburger Großküchen gekocht wird, stößt man zur Zeit auf wenig Offenheit. Verantwortliche sind häufig gerade „zu Tisch“ oder in Besprechungen, man wird in Warteschleifen entsorgt und am liebsten würde niemand etwas dazu sagen.

In der Endoklinik Holstenstraße jedenfalls gibt es weiterhin Frikadellen und Bratwurst, in der Astra – Kantine Wiener Würstchen. Im separaten Astra-Restaurant „Bavaria-Blick“ jubelte noch am Montag ein Schild im Schaufenster: „Hurra, wir können wieder Fleisch essen! Biofleisch aus Mustertierhaltung“.

Die Kantine der Finanzbehörde in der Steinstraße hat dagegen auf die Unsicherheit ihrer KundInnen reagiert: „Aufgrund stärkerer Nachfragen nach Pasta- und leichten Snackgerichten bieten wir ab sofort eine Zusatzkarte an“, heißt es auf einem Zettel. Der Kantinenbetreiber „Müller-Menü“ versichert, dass Rindfleisch komplett aus den Gerichten für die FinanzbeamtInnen verschwunden sei: „Unsere Kunden können sicher sein“, meint die Prokuristin.

Ein Blick auf die Speisepläne zeigt jedoch: In der vergangenen Woche gab es Rinderschmorbraten und Rumpsteak. In der kommenden Woche gibt es zwar in der Tat mehr Schweinefleisch und Fisch. Nächsten Mittwoch steht aber wieder das vertraute Rumpsteak auf dem Programm, diesmal vorsichtshalber „südamerikanisches“, wie es heißt.

„Argentinien“ ist auch das Zauberwort im Betriebsrestaurant des Messe- und Kongresszentrums (CCH). Hier wird am Speiseplan nicht gerüttelt. Das Rindfleisch stamme schon seit einem Jahr aus Lateinamerika, heißt es vom Küchenchef. Deshalb seien Rinderbraten und Rindergulasch auf dem Wochenplan kein Problem. Außerdem gibt es eine vegetarische Alternative und einen Salatteller. Moslems können Lammhaxe bekommen.

Als Strafgefangene müssen sich Moslems hingegen mit Putenwurst begnügen. Für die Kantine der Jus-tizvollzugsanstalt „ist Lamm zu teuer“, meint Pressesprecherin Simone Käfer. Rindfleisch gibt es weiterhin. Es soll jedoch stärker kontrolliert werden: „Wir achten jetzt darauf, dass die Tiere einem BSE-Test unterzogen wurden“, sagt Käfer. Wie das gesichert wird, weiß sie nicht. Als Alternativen gibt es immerhin spezielle Gerichte für DiabetikerInnen und Schonkost.

Manche Großküchen scheint das BSE-Problem überhaupt nicht zu interessieren. Den Hamburger Lieferservice „Gauger Menü“ beispielsweise, der mit einer „Mütze voll Frische“ Privathaushalte beliefert, vor allem ältere Menschen. Hier wird der Speiseplan vorläufig nicht geändert. Auftragseinbrüche gibt es trotzdem nicht: „Der Sauerbraten am Montag ist besser gelaufen als sonst“, versichert Mitarbeiter Michael Heine.

Wirklich konsequent scheinen nur die Uni-Mensen zu sein. Rinder sind vorläufig verbannt worden. Martina Oberwandling vom Studentenwerk versichert: „Rindfleisch wurde bei uns bis Ende des Jahres vom Speiseplan genommen“.