■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Unsere Schiffbauer zum Sozi?
Darf eine Putzfrau dumme Fragen stellen, fragte ich. „Klar“, sagte Friedrich H. Ich fragte:
Wie kann das sein, dass Werftenhilfe aus der Sozialhilfe-Kasse bezahlt werden soll?
Ich war empört. Er lächelte ganz ruhig und zog den Taschenrechner. Und dann erklärte er: Für die 477 Beschäftigten der Lloyd-Werft in Bremerhaven soll es in drei Jahren 51 Millionen Mark aus der Bremer Staatskasse geben, das sind 107.000 Mark pro Nase. Dazu kommen 53.500 Mark aus Berliner Staatskasse, grob gerechnet als pro Mann 4.000 Mark jeden Monat. Ein Werftarbeiter der SSW kriegt bloß 60.000 Mark für die drei Jahre. Noch Fragen?
Ist ja nett, aber warum ist Hattig so sozial?
Bremens Wirtschaftssenator, erzählte mir dann der Herr, war dagegen. Investitionsförderung, hat er im Senat gesagt, müsse doch inhaltlich begründbare Ziele haben. Die Technologiekompetenz eines Unternehmens sei ein Gesichtspunkt, eventuell seine Rolle als Nischenanbieter, kurz: die Zukunfts-Chancen des Unternehmens. An alledem mangele es, und warum haben wir die Lloyd-Arberiter dreimal so lieb wie die SSW-Arbeiter?
Auch die konkrete Unternehmenspolitik der Bremerhavener Werften sei keineswegs förderungswürdig. Die SSW-Werft hat gerade ein Kreuzfahrtschiff abgeliefert und will nun diese „Nische“ verlassen und Containerschiffe bauen. Das können die Koreaner immer billiger. Die derzeitigen Aufträge kriegt die SSW-Werft nur, weil die koreanischen Werften ausgelastet sind und der Dollar so hoch steht. Die Lloyd-Werft hat sich bisher einen Namen gemacht als Umbau- und Reperaturwerft und wagt sich nun auf das Gebiet des Kreuzfahrtschiff-Neubaus. „Ordnungs- und strukturpolitisch äußerst bedenklich“ findet Josef Hattig das. Zumal absehbar ist, dass die Werften dann auch wieder wie zu Vulkans Zeiten Risiko-Bürgschaften haben wollen für die Bauzeitfinanzierung. Ohne ihn zu Fragen habe die SSW-Werft sich schon bei der zuständigen Stelle, der Bremer Aufbau-Bank, Antragsformulare bestellt! „Beide Werften sind hochgradig beihilfeabhängig“, sagt Hattig, und gingen „hohe Risiken“ ein. Die Subventionen seien reine Sozialhilfe.
Aber war das nicht, fragte ich Friedrich H., genau die Begründung für die jahrelange Subventionierung des Vulkan-Konzerns gewesen ist, die die CDU sonst so lautstark kritisierte?
Da lächelte der feine Herr und sagte: Putzen Sie schön und fragen Sie nicht so viel, meine liebe Rosi Roland
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