Frischfleisch für Lokalpatrioten

■ Auch wenn das Wetter derzeit eher Frühlingsgefühle erzeugt – es ist Weihnachtszeit! Für alle, die schon bald wieder rat- und rastlos durch die Geschäfte irren, stellen wir spezielle Geschenkideen für ganz spezielle Menschen vor

Weihnachten steht vor der Tür, die Geschäfte sind bis zum Überquillen mit Pokemon-Computerspielen, gestylten „Motion Board“-Rollern und den exklusiven Duftsensationen vollgestopft. Das Fernsehen präsentiert uns ein neues Handy-Supersparpaket samt Headset, Voicemail und “Jamba-Box“ nach dem anderen. Aber trotz allem wissen wir wieder einmal nicht, was wir unseren Lieben denn nun eigentlich schenken sollen.

Vielleicht kann die taz da ein wenig Abhilfe schaffen: Hier sind unsere ausgewählten Geschenkideen für bisher Ideenlose.

Für Fleischliebhaber

Für alle diejenigen, die trotz der derzeit wahnsinnigen Zeiten auf ihr Fleisch nicht verzichten wollen, hat der Bremer Spiele-Erfinder Friedemann Friesens eine völlig ungefährliche Lösung gefunden. Sein neues Spiel „Frischfleisch“ nähert sich dem heiklen Thema mit typisch bremischen Sarkasmus – und ist dabei garantiert BSE-frei!

Zwei bis sechs hungrige Menschen werden in der Wüste ausgesetzt. Nachdem ihre Vorräte verbraucht sind, müssen sie nach dem Motto „Friss oder stirb“ wohl oder übel zu Kannibalen werden und die schwierige Entscheidung treffen, ob sie lieber ihre eigenen Mitspieler oder die der gegnerischen Mannschaft verspeisen möchten.

Da der Mensch ja trotzdem nicht vom Fleisch alleine leben mag, kann man außer den nötigen „Fleischpunkten“ auch Schatzpunkte sammeln, um sich sein Überleben und letztendlich ja auch den ersehnten Sieg zu sichern.

Zu kaufen gibt es „Frischfleisch“ für knapp 60 Mark zum Beispiel bei der „Spielerei“ im Viertel.

Für die Solofreundin

Wer kennt es nicht, das Gefühl, wenn frau an Weihnachten mal wieder ganz alleine vor dem Tannenbaum sitzt, den letzten einsamen Schluck Rotwein traurig im Glas schaukelnd, während die Freundinnen von ihren reichen Liebhabern gönnerhaft mit protzigen Goldohringen, üppigen Perlenketten und maßgeschneiderten Abendkleidern überhäuft werden?

Da sehnt sich doch jede nach dem wunderschönen Märchenprinzen, der kommt, um eine auf seinem edlen Schimmel einfach ganz weit wegzutragen. Für alle, die diese Hoffnung nicht aufgeben wollen, hält ein Stand auf dem Bremer Weihnachtsmarkt womöglich eine märchenhafte Lösungen parat: Einen giftgrünen, gläsernen Froschkönig samt goldener Krone – „alle Jahre wieder“ das ideale Geschenk für einsame Solofrauen.

Denn mit der angebauten Klemme kann frau den Frosch einfach an ihrer Weihnachtstanne befestigen und bei seinem Anblick selig von pretty Prinzen à la Richard Gere träumen – das alles natürlich nicht, ohne dem grünen Tierchen vorher noch einmal einen zauberhaft kräftigen Kuss gegeben zu haben. Wenn hernach nicht wie vom Märchen versprochen Richard Gere neben Ihnen auf dem Sofa hockt, bleibt nur noch eins: Frosch gegen die Wand und hoffen, dass das zum Ziel führt.

Der Froschkönig ist in unterschiedlichen Größen für 10 oder 16 Mark zu haben.

Für die Bayern-Tante

Was tut man als traditionsbewusster Hanseat, wenn die bayerische Tante denkt, Knipp sei eine Automarke und Pinkel das, wonach es klingt? – Man schenkt ihr ein Kochbuch mit kulinarischen Tipps aus dem Norden.

Unter dem Namen „Bremen kocht“ hat der Bremer Verlag Edition Temmen in diesem Jahr eine bunte Rezeptesammlung herausgegeben. Das Kochbuch ist eine interessante Mischung aus traditionsreichen Bremer Gerichten und modernen Kreationen, die in Anlehnung an die althergebrachten Rezepte entstanden sind. So bieten Bremer Dienstmädchen-Lachs und Klabengebäck eine lohnenswerte Alternative zu Spätzle und Leberkäs.

Weil die Bremer Küche „immer auch ein spannendes Spiegelbild der Sozialgeschichte der Hansestadt an der Weser gewesen ist“, wollte man sich nicht auf ein reines Kochbuch beschränken. Zwischen Aalsuppe, Heringssalat und Ente auf Braunkohl finden sich immer wieder Erklärungen und Fotos, die dem Leser, hier also dem Koch, die Entstehungsgeschichte der Bremer Küche näher bringen sollen.

Wer also schon immer wissen wollte, warum Bremer Biersuppe im 16. Jahrhundert gesünder war als Wasser und weshalb die Hanseaten eigens einen Kabeljau-Krieg gegen England anzettelten, der findet die leckere Antwort in „Bremen kocht“.

Das Kochbuch kann man für 34 Mark im Buchhandel kaufen.

Für den Werderfan

Man hat es im Moment ja nicht gerade leicht als Anhänger des SV Werder Bremen. Und was so ein richtiger Fan ist, der weiß natürlich, wieso beim SV Werder derzeit nichts klappt und würde selber alles ganz anders als Trainer Schaaf machen. Die Chance, selber einmal mitzumischen, gibt jetzt das neue offizielle Werder-Fanspiel. Zwei bis sechs SpielerInnen zwischen acht und achtundachtzig Jahren können hier um die Wette fachsimpeln. Denn es gilt, immer wieder heikle Wissensfragen zur Geschichte und den Fußballern des Vereins zu beantworten. Natürlich verlangt dieses Brettspiel auch ein bisschen Glück.

Das Spiel kostet 59,90 Mark und ist im Werder Fanshop zu haben.

Für alle anderen haben wir einen kleinen Bastel-Tipp: Man nehme ein Stück Pappe, die aktuelle Bundesliga-Tabelle und einen Klebestift und montiere alles zu einem großen Ganzen zusammen. Viel Raum für Kreativität lässt das Ausgestalten dieser Tabelle mit grüner und weißer Farbe, Fotos, Zeitungauschnitten und ähnlichem werderspezifischen Material.

Wichtig ist es letztendlich, dass sich die Tabelle an beiden Enden an der Wand aufhängen lässt. Frei nach dem Motto: „Willst du Werder oben sehen, musst du die Tabelle drehen.“

Für den Lokalpatrioten

Werder spielt schlecht, das Land ist pleite, und in Gröpelingen ist weder ein Space noch ein Park in Sicht: Bremer Lokalpatrioten haben derzeit keinen leichten Stand. Was fehlt, ist ein Star, einer, der grünweißes Leuchten in die Augen zaubert und über den man Bücher lesen will, die „Ein Bremer Junge“ heißen. So einer war Hans-Joachim Kulenkampff, weshalb Georg Schmidt folgerichtig das Buch „Ein Bremer Junge“ über ihn geschrieben hat. Viele Worte hat er über die Fernsehlegende zwar nicht verloren, dafür aber viele Fotoalben durchforstet. Kuli mit Bart, Kuli mit Kochmütze, Kuli auf seinem Segelschiff, an der Seite seiner Frau Traudel – kaum eine Lebenslage des Bremer Jungen, die nicht dokumentiert ist. Wer weiß, ob der Wartberg Verlag je in die Verlegenheit kommen wird, einen zweiten Band seiner Reihe „Ein Bremer Junge“ aufzulegen. Deshalb: Zugreifen, ehe Bremen unter die Niedersachsen fällt.

Das 80-seitige Buch ist im Wartberg Verlag erschienen und kostet 29,80 Mark.

Hanna Domeyer

Foto: KaDo