Klüngeln soll schwerer werden

■ Neues Gesetz: Die Verwaltung soll in Zukunft mehr Infos an die Bürger herausrücken / Die CDU wird langsam skeptisch

Den oppositionellen Abgeordneten der Grünen in der Bürgerschaft wird inzwischen jedesmal, wenn sie Akteneinsicht nehmen wollen, eine Verpflichtungserklärung zur Geheimhaltung abgepresst. Gleichzeitig aber will Bremen Ernst machen mit dem Vorsatz, den Bürgern mit einer „gläsernen Verwaltung“ mehr Rechte bei der Akteneinsicht zuzugestehen. Derzeit kursiert ein Diskussionsentwurf für ein neues Bremisches Informationsgesetz (BremInfG) – die Bürger sollen es in Zukunft leichter haben, wenn sie Informationen von der Verwaltung haben wollen. Die Bauakten für einen neuen Spielplatz, Planungsunterlagen über die künftige Zahl von Lehrerstellen oder die Gründe für die Schließung eines Bordells – bei solchen Fragen soll die Verwaltung in Zukunft keine Ausreden mehr haben können, wenn eine Anfrage kommt.

Mit dem BremInfG betritt Bremen keineswegs Neuland, will aber zu den Pionieren gehören. In Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein wurden bereits entsprechende Gesetze erlassen, auf Bundes- und Europaebene gibt es ebenfalls Pläne für solche Regelungen. An die Vorgaben aus den anderen Bundesländern hält sich Bremen bei der „ersten Säule“ des Gesetzes. So soll der Anspruch auf Informationen eingeschränkt werden können, wenn Interessen Privater oder der Allgemeinheit dagegenstehen.

Einen eigenen Weg dagegen will Bremen bei der „zweiten Säule“, der Zahl der zu Veröffentlichenden Daten gehen: es soll ein Veröffentlichungsgebot für Informationen geben, an denen ein „öffentliches Interesse“ erkennbar ist und eine Veröffentlichungspflicht für Verwaltungsvorschriften. Der Datenwust soll im Internet unter der Adresse des zur Privatisierung anstehenden Stadtinformationssystems bremen.de veröffentlicht werden. Damit dabei keine Probleme entstehen, wurde im gleichen Atemzug auch ein Gesetzentwurf erstellt, um zu regeln, welchen Einfluss der Staat auch nach der Privatisierung auf die Internet-Seiten bremen.de haben wird.

In einer Stellungnahme des Hamburger Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung wird das Gesetzesvorhaben in Bremen gelobt, da es „wesentliche Impulse“ für die weitere Rechtsentwicklung gebe. Allerdings bezweifelt der Autor Martin Eifert, dass das Recht auf allgemeine Akteneinsicht tatsächlich zu einer Demokratisierung und stärkeren Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen führen wird. Denn es bestehe die Gefahr, dass der Bürger den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht – vor allem, wenn man auf Informationen mehrerer Behörden angewiesen sei oder wenn eine Behörde sich zurückhaltend bei der Informationsfreigabe verhält.

Die Chancen des Gesetzes sieht Eifert vor allem in den Möglichkeiten des „Electronic Governments“ – nicht nur, dass die Bürger das Recht erhalten, bestimmte Informationen zu erhalten – die Verwaltung wird gleichzeitig auch verpflichtet, ihre Informationen so zu gestalten, dass der Bürger auch etwas damit anfangen kann.

„Das Gesetz ist grundsätzlich eine gute Sache“ sagt die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Anja Stahmann. „In Bremen ist die Politik sehr undurchsichtig. Und der knorrige Senat hat natürlich etwas dagegen, dass die Bürger mehr Informationen bekommen“. Tatsächlich sollen die CDU-Senatoren Hattig (Wirtschaft) und Schulte (Inneres) Bedenken gegen das BremInfG und das bremen.de-Gesetz angemeldet haben, das doch im Haus des dritten CDU-Senators Hartmut Perschau (Finanzen) erstellt wurde. Hattig fürchtet um die Macht des Marktes, wenn die Nutzung der bremen.de-Seiten trotz Privatisierung reglementiert wird. Schulte dagegen fürchtet, dass mit den neuen Informationspflichten mehr Arbeit und Kosten auf die Verwaltung zukommen werden.

Den Schulte-Bedenken hat sich die CDU-Fraktion inzwischen angeschlossen. "Wir machen das so nicht mit“, sagt Jörg Jäger, medienpolitischer Sprecher der CDU. Sein SPD-Kollege Frank Schildt dagegen hofft, dass sich Perschau mit dem Vorschlag durchsetzten wird.

Was Bremens Politiker wirklich von dem Gesetz halten, macht indes eine andere Episode klar: So sollte das neue Gesetz eigentlich – erstmals in Bremen – schon vor Beschlussfassung öffentlich im Internet diskutiert werden können. Kritische Beiträge sollten dabei ausdrücklich erwünscht sein, das Technologie-Zentrum Informatik sollte das Projekt planen. Der angesetzte Termin Mitte November jedoch verstrich, weil sich CDU und SPD doch noch nicht einigen konnten. Und bevor der Entwurf nicht neu ausgeklüngelt ist, will ihn der Senat wohl auch nicht im Internet von den mündigen Bürgern diskutiert sehen. cd