Turnerpreisträger hilft
: Strandgeschenk

Er lebt in London und möchte uns helfen. Wolfgang Tillmans, Fotograf, 1968 in Remscheid geboren und seit letztem Dienstag Träger des renommierten britischen Turner Prize. Für Tillmans ist die Unterstützung der taz so wichtig wie seine eigene Auseinandersetzung mit sozialen Themen. Schließlich sind seine Fotos auch ein Versuch, die Imageproduktion der Medien zurück in die Normalität zu holen: „Meine Arbeit“, sagte Tillmans der taz letztes Jahr im Interview, „ist eher eine Untersuchung darüber, warum ein Foto funktioniert: Wie lässt sich Nähe vermitteln? Dabei interessiert mich, wie weit sich unser ‚wahres‘ Ich aus einer Mischung aus innerem und äußerem Ich bildet. Das Ein- und Ausgleiten in und aus dieser Mischung, das fotografiere ich.“

Als Newcomer der frühen Neunzigerjahre hat Tillmans einen neuen Stil in der Modefotografie für Vogue, i-D oder Face mitgeprägt, der sich weniger am Glamour der Models orientiert und den Laufsteg durch die Nebensächlichkeiten des täglichen Lebens ersetzt. Plötzlich stand Kate Moss bei Tillmans nicht mehr nur im Rampenlicht, sondern saß schon mal ein wenig verpennt am Frühstückstisch. Diese Art Privatheit wurde durch unspektakuläre Porträts aus dem Freundeskreis von Tillmans, durch scheinbar flüchtige Stillleben aus Obstkörben und verschwitzten Kleidern oder durch Städteansichten ergänzt. Stets muss bei Tillmans die Welt durch den Betrachter neu geordnet werden.

Auch das Foto der Sandburg am britischen Dorset Beach ist kein isoliertes Motiv. Es stammt aus einer Serie, mit der Tillmans im September die englische Obdachlosenzeitung The Big Issue gestaltete, zusammen mit Nahaufnahmen aus der Londoner U-Bahn und bekannten britischen Schwulen-, Feminismus- und Pop-Aktivisten. Die Burg aus Sand ist nicht bloß eine Idylle vergangener Sommertage, sie funktioniert auch als Bild dafür, wie sich recht unmittelbar das menschliche Bemühen um die Freuden des Alltags im Kreislauf der Natur auflöst. Mit diesem Auf und Ab können wir uns hier im Haus nur allzu gut identifizieren: Am Freitag, den 15. Dezember wird das Foto als doppelseitiges Farbposter der taz beiliegen – ein solidarischer Gruß aus London. Dafür schon jetzt: Danke schön, Wolfgang Tillmans! hf