Berliner Gericht fördert gewerbliche Unzucht

Prostitution ist nicht sittenwidrig, urteilt das Berliner Verwaltungsgericht. Sex für Geld müsseals „Teil des Zusammenlebens“ akzeptiert werden. Rot-Grün begrüßt die Entscheidung

BERLIN taz ■ Zum ersten Mal hat ein deutsches Gericht die Prostitution vom Makel der Sittenwidrigkeit befreit. Jahrzehntelang galt Prostitution als sittenwidrig. Gestern hat nun das Berliner Verwaltungsgericht Felicitas Weigmann Recht gegeben, die gegen die Schließung ihres bordellartigen Betriebs geklagt und damit eine Grundsatzentscheidung ermöglicht hatte.

Die 43-jährige gelernte Krankenschwester betreibt seit drei Jahren in Berlin-Wilmersdorf das Café „Pssst“ und vermietet im Hinterhaus des gleichen Gebäudes stundenweise Zimmer. Das zuständige Ordnungsamt ließ das Café, das vom Berliner Landeskriminalamt wegen fehlender Begleitkriminalität als „sauberer Betrieb“ bezeichnet wird, im Dezember 1999 schließen. Begründung: Durch die Kontaktanbahnung werde „der Prostitution Vorschub geleistet“.

Das Verwaltungsgericht erklärte gestern, dass Prostitution heute „als Teil des Zusammenlebens“ in der Gesellschaft weitgehend akzeptiert sei. Dieser Wandel müsse auch in der Rechtsprechung Niederschlag finden, so der Vorsitzende Richter Percy MacLean.

Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, erklärte, dass das Urteil die Bemühungen der rot-grünen Koalition unterstütze, mit einem Gesetzentwurf die rechtliche und soziale Situation von Prostituierten zu verbessern.

Der Gesetzentwurf soll im Frühjahr im Parlament beraten werden. Die PDS stellte Ende Oktober einen Entwurf vor, der Prostitution zu einem normalen Dienstleistungsgewerbe machen soll.

BARBARA BOLLWAHN
DE PAEZ CASANOVA

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