Nizza wird eine Zitterpartie

Prodi warnt vor Scheitern. Paris und Berlin weiter uneinig über Stimmengewicht

HANNOVER/BRÜSSEL/DEN HAAG afp/rtr/dpa ■ Kurz vor dem Reformgipfel der EU in Nizza hat EU-Kommissionspräsident Romano Prodi die Regierungen der Mitgliedstaaten heftig kritisiert. „Bislang werden die Reformverhandlungen von Taktik dominiert“, sagte er der Welt. Deshalb hält er die Gefahr eines Scheiterns des Gipfels für sehr groß. Prodi mahnte die französische EU-Ratspräsidentschaft, die Bemühungen um einen Erfolg zu verstärken. Zugleich unterstützte er den deutschen Wunsch nach einer Neugewichtung der Stimmen im Rat. Diese blieb auch nach dem samstäglichen Treffen zwischen Kanzler Schröder und Frankreichs Präsident Chirac in Hannover weiter strittig. Chirac sagte, in Nizza könne eine Lösung wohl erst „in letzter Minute“ gefunden werden. Paris ist strikt dagegen, dass Deutschland mit seinen 82 Millionen Einwohnern mehr Gewicht bekommt als Frankreich mit seinen 60 Millionen. Schröder zeigte sich aber sicher, dass Nizza daran nicht scheitern werde.

Ebenfalls am Samstag hatte der niederländische Premier Wim Kok angekündigt, bei dem EU-Gipfel in Nizza die Rechte der kleinen EU-Staaten zu verteidigen. Die Struktur der EU-Kommission solle so geändert werden, dass jedes Land nur einen Kommissar stelle. Bislang stellen die großen Länder wie Deutschland zwei Kommissare, kleinere wie die Niederlande nur einen.

Ein weiterer Knackpunkt beim Reformgipfel in Nizza: die angestrebte Ausweitung des Mehrheitsprinzips bei Entscheidungen im Rat. Hier forderte Schröder vorgestern konkret Mehrheitsentscheidungen für den Außenhandel. Gleichzeitig deutete er ein Einlenken Deutschlands in der Frage der Mehrheitsentscheidungen bei der Zuwanderungspolitik an.

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