Boom bei Firma Schwarz und Samstag

Dem Hamburger Bau geht es wegen der Billig-Konkurrenz so schlecht wie nie  ■ Von Peter Ahrens

Das Fundament bröckelt: Während zahlreichen anderen Branchen die Konjunktur ins Gesicht scheint, geht es der Hamburger Baubranche richtig mies. In den 70er Jahren arbeiteten 46.000 Menschen in der Stadt auf dem Bau, in diesem Jahr sind es nur noch 13.000. Wer schuld ist, weiß Werner-Wolfgang Spitze, der Obermeister der Hamburger Bau-Innung, genau: Die Schwarzarbeiter und die Billigkonkurrenz aus dem Osten. „Sie können davon ausgehen, dass kein Großprojekt in dieser Stadt noch von Hamburger Baufirmen durchgeführt wird.“

Allein im Vorjahr schrumpfte die Zahl der Beschäftigten um 13 Prozent, das ist „der dramatischste Rückgang der Nachkriegsgeschichte“. Die Firmen bekommen keine Aufträge, müssten daher vor allem ihre älteren Mitarbeiter entlassen oder in den Vorruhestand schicken, während Anbieter von auswärts ihre Dienste für 15 bis 18 Mark Stundenlohn billiger auf den Markt bringen – und dadurch einen Zuschlag nach dem anderen einstreichen. Besonders Firmen aus Ostdeutschland, die nicht an die Westtarife gebunden sind, räubern in Hamburg. „Gehen Sie durch die Stadt und schauen sich die Firmenschilder an den Baustellen an – überall steht Rostock oder Schwerin drauf“, hat Verbandsgeschäftsführer Michael Seitz beobachtet.

Abschwung im Wohnungsbau, Flaute beim Gewerbebau: „Wir waren mal die Lokomotive der Konjunktur, jetzt sind wir nur noch das Schlusslicht“, sagt Spitze. Er sagt voraus, dass es 2001 etliche Konkurse Hamburger Baufirmen geben werde und erkennt „eine schizophrene Situation“. Auf der einen Seite werden „teuer ausgebildete Fachkräfte“ in die Arbeitslosigkeit geschickt, andererseits fehle den Unternehmen qualifizierter Nachwuchs. „Wer dauernd hört, wie schlecht es uns geht, hat natürlich auch nicht viel Lust, sich im Baugewerbe ausbilden zu lassen.“

30 Prozent aller Leistungen auf dem Bau, so schätzt Seitz, werden inzwischen per Schwarzarbeit geleistet. 90 Prozent aller Bußgelder, die wegen illegaler Beschäftigung verhängt werden, fallen im Bau an. Kontrolliert wird aber immer noch zu wenig, klagt Spitze und vor allem zu spät. Wenn der Senat Aufträge vergibt, dann gemeinhin an den günstigsten Bewerber. Doch wird nicht schon bei der Auftragsabgabe nachgeschaut, ob dieses Angebot denn mit Tariflöhnen durchgerechnet worden ist, sondern erst später bei Kontrollen auf der Baustelle. „Und wenn man dann feststellt, dass unter Tariflohn gearbeitet wird, ist es natürlich zu spät: Für die Hamburger Bauwirtschaft ist der Auftrag weg.“

Und dann gibt es da noch die „Firma Schwarz und Samstag“, die floriert. Die Bauarbeiter, die sich am Wochenende auf privaten Baustellen noch etwas dazuverdienen, machen der Branche zusätzlich zu schaffen. Spitzes Einschätzung bei so viel Schwarzarbeit ist logischerweise genauso gefärbt: „Ich sehe für unsere Branche schwarz.“