Der Krieg vor Gericht um den Sieg

George W. Bush errang gestern einen psychologisch wichtigen Teilsieg vor dem Obersten Gericht der USA

WASHINGTON taz ■ Ein Urteil im Fall „Wer wird neuer US-Präsident?“ wurde gestern am frühen Abend mitteleuropäischer Zeit gesprochen: Der Oberste Gerichtshof der USA verwarf ein Urteil des Obersten Gerichts von Florida, das eine Auszählung per Hand über die ursprüngliche Frist hinaus zugelassen hatte. Im Übrigen wies es den Streit zurück an die Gerichte des Bundesstaates. Diese Entscheidung war eine Niederlage für Al Gore, und zwar mehr als eine psychologische Niederlage.

Unmittelbar nach der Entscheidung verkündete ein Bezirksrichter in Floridas Hauptstadt Tallahassee, er werde das eigentlich für gestern angesetzte Urteil in einem weiteren Verfahren aussetzen, um das Verdikte des Supreme Court auf mögliche Auswirkungen hin zu überprüfen. In diesem Verfahren geht es darum, ob 14.000 Stimmlochkarten aus zwei Counties Floridas per Hand nachgezählt werden. Davon erhofft sich Gore den entscheidenden Stimmenzuwachs, der ihn zum Wahlsieger in Florida und damit zum neuen Präsidenten machen würde.

Unabhängig davon sind in zwei Landkreisen Verfahren anhängig, die an die 15.000 Briefwahlstimmen für ungültig erklären sollen. Nicht ganz auszuschließen, dass der Wahlkampf am Ende an dieser unscheinbaren Front entschieden wird.

Schließlich berät Floridas Landtag, ob er sich nicht über alle Rechtshändel hinwegsetzen und bis zum 12. Dezember einfach die 25 Wahlmänner benennen soll, die den Präsidenten am 18. 12. wählen. Der republikanisch dominierte Landtag würde natürlich Bush-Wahlmänner ernennen. Ein solches Verfahren könnte zu neuen gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. pt