REFORMIERTE BETRIEBSVERFASSUNG: GUTE ABSICHT, KLEINE FOLGEN
: Eine Frage der Ideologie

Um gar nicht drum herumzureden: Die von Bundesarbeitsminister Riester (SPD) geplante Reform der Betriebsverfassung ist okay. Und sie wird wenig ändern in der deutschen Arbeitswelt. Wenig für die Beschäftigten und wenig für die Arbeitgeber, die – selbstverständlich – „Sturm laufen“ gegen die geplante Novelle und „erbitterten Widerstand“ ankündigen. Interessant ist diesmal, mit welchen Argumenten auch Wirtschaftsforscher die Neuregelung des Gesetzes ablehnen. Von „Entmündigung“ spricht Wolfgang Franz vom ZEW-Institut in Mannheim. „Die falschen Signale“ beklagt Rüdiger Pohl vom IWH-Institut in Halle. Es geht weniger um die konkreten Punkte der geplanten Novelle als vielmehr um die Ideologie. Die Arbeitgeber befürchten ein Zuviel an „Regulierung“, die Gewerkschaften begrüßen das Mehr an „Arbeitnehmervertretung“. Beides aber ist kaum gegeben.

So viel würde die Novelle – wenn sie so kommt – nämlich gar nicht ändern. Konkret würde das Wahlverfahren für Betriebsräte vereinfacht und die Quoten der freigestellten Betriebsräte an die zusehends schrumpfenden Belegschaften angepasst. Betriebsräte hätten künftig mehr Mitbestimmungsrechte bei der Weiterbildung, dürften beim betrieblichen Umweltschutz und der Frauenförderung aber nur Vorschläge machen, beraten und in beiden Punkten keineswegs erzwingbar mit entscheiden. Die Betriebsräte dürften also vor allem mehr mitreden, aber kaum mehr mit entscheiden. Mitgeredet aber haben sie schon immer: Die meisten Beschäftigten kennen ihre Betriebsräte als Gremien, die im Zweifelsfall immer vehement gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Personalkürzungen protestieren, aber im Ernstfall nichts unternehmen können, wenn es dem Unternehmen dreckig geht und Entlassungen anstehen.

Der Streit um die geplante Gesetzesnovelle verweist also nur auf das eigentliche Problem: Inwieweit können Betriebsräte die Interessen der Beschäftigten – auch den Joberhalt – wirksam vertreten, also mehr sein als nur Diskussions- und Forderrunden? Und was ist mit den outgesourcten und scheinselbständigen Mitarbeitern, die die Kosten des wirtschaftlichen Strukturwandels tragen müssen? Die Fragen werden von Riester nicht beantwortet.

Beschäftigtenvertretungen im weitesten Sinne sind jedenfalls nicht veraltet: In den USA beispielsweise drängen die Mitarbeiter von amazon.com jetzt auf gewerkschaftliche Organisierung, weil einiges nicht mehr so toll läuft mit der Neuen Ökonomie. Das Drängen auf Arbeitnehmervertretung ist berechtigt. Aber man muss auch über neue, erweiterte Formen nachdenken. Das erzwingt der Strukturwandel. BARBARA DRIBBUSCH