Nachgeklagt
: Albers gegen Bremen

■ Scherf und Hoppensack wird Machtmissbrauch vorgeworfen

Wagt es der Petitionsausschuss der Bürgerschaft dem allmächtigen Bürgermeister Henning Scherf (SPD) Machtmiss-brauch vorzuwerfen? Er wagte nicht, jedenfalls nicht im Falle Anne Albers. Das behauptet zumindest sie selbst. Das Oberverwaltungsgericht soll nun den Petitionsausschuss dazu bringen, sich mit diesem Vorwurf zu befassen. Gestern wurden Kläger und Beklagte vom Gericht angehört. Der betreffende Fall liegt allerdings schon fast zehn Jahre zurück.

In den 80er Jahren war die Klägerin Anne Albers bei der staatsnahen Hans Wendt-Stiftung beschäftigt gewesen und hatte sich immer wieder kritisch zur Sozialpolitik des Landes Bremen und des damaligen Sozialsenators Scherf geäußert. Nach zahlreichen vorausgegangenen Abmahnungen erreichte sie dann im März 1991 die fristlose Kündigung.

Seitdem kämpft Albers nun für die Ahndung der personellen Klüngeleien, die sich um diese Kündigung rankten. Auf ihre Person sei massiver Druck ausgeübt worden, es habe viele Beschwerden von ihr nicht bekannten Personen gegeben, und die Abmahnungen seien zwischen Amt und Stiftung abgesprochen gewesen. So liege ihr ein Schreiben des Amtes an die Stiftung vor, in dem man dieser die Vertragskündigung androhte, sollte Albers nicht entlassen werden.

Der Hauptvorwurf gilt den damaligen Vorstandsmitgliedern der Stiftung, Scherf und dem Sozialstaatsrat Hans-Christoph Hoppensack. Sie hätten ihre Position in der senatorischen Behörde missbraucht. Durch Verknüpfung der Ämter habe man versucht, eine unlieb-same Kritikerin mundtot zu machen, so Albers Hamburger Anwalt Hans-Dieter Hauenschild.

Mit ihrem Anliegen richtete sich Albers zuerst an das Arbeits-gericht. Dort bekam sie zwar unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten Recht, ihr Vorwurf des Machtmissbrauchs wurde jedoch ignoriert.

Schließlich reichte Albers Beschwerde beim Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft ein und verlangte die Beurteilung der Sachlage unter dem Aspekt des Machtmiss-brauchs, eine Entschädigungszahlung sowie eine öffentliche Entschuldigung von Scherf und Hoppensack.

Anne Albers behauptet, man habe ihr eine Abfindung von 50.000 Mark angeboten, wenn sie auf eine öffentliche Entschuldigung verzichte. Ihr Anliegen sei es aber, die „kriminelle Energie“ der Politiker publik zu machen. „So kann es in Bremen nicht weiter gehen.“

Nach viereinhalb Jahren schloss der Petitionsausschuss die Akte Anne Albers mit dem Hinweis, das Landesarbeitsgerichts hätte sich ausgiebig mit derselben Sachlage beschäftigt.

Vor dem Oberverwaltungsgericht klagt Albers jetzt also gegen die „unsachgemäße Behandlung“ ihres Anliegens im Petitionsausschuss. Ihre Beschwerde habe sich auf den Vorwurf des Machtmissbrauchs und nicht auf die arbeitsrechtliche Frage bezogen; der Ausschuss habe anstatt der gefragten Äpfel über Birnen entschieden, beklagte Hauenschild.

Es gilt, die schwierige Frage zu klären, ob es sich nun wirklich um einen formellen Fehler des Ausschusses handelt.In zwei Wochen entscheidet das OVG, ob sich der Petitionsausschuss mit dem Vorwurf des Machtmisbrauchs beschäftigen muss.

Die öffentliche Entschuldigung steht immer noch aus.

Hanna Domeyer