Mit Zahlen in die Wahlkampfbütt

Ab Montag wird drei Tage lang über den Hamburger Haushalt für 2001 gestritten und zum Stimmenfang geblasen. Alles geht seinen sozialdemokratischen Gang  ■ Von Peter Ahrens

Die Arbeit ist erledigt. Jetzt kommen die Büttenreden. Über Wochen haben die HaushaltsexpertInnen der Fraktionen Zahlen aufeinander gehäuft und sich um Einzelposten gestritten. Am Montag bei der Generaldebatte in der Bürgerschaft zum Etat 2001 dürfen sie sich zurücklehnen, wenn ihre Vorsitzenden den Wahlkampf eröffnen.

Es ist auf den ersten Blick kein spektakulärer Etat, der Haushaltsentwurf für das Wahljahr 2001, keiner, der sofort zum Polarisieren einlädt. Ein Zahlenwerk, das fortschreibt, was SPD-Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel „solide“ nennen würde. Das aber trotzdem genügend Anhaltspunkte für die Opposition aus CDU und Regenbogen lässt, von „dramatischer Finanzkrise“ und „sozialer Spaltung“ zu sprechen.

Haushaltspolitik ist Machtpolitik: Über vermeintlich dröge Zahlentabellen wird entschieden, was in dieser Stadt finanziert wird. Mehr Geld für Innere Sicherheit, wie die CDU es partout will, oder lieber auf Sozialpolitik setzen, wie es sich der Regenbogen vorstellt? Kräftige Finanzhilfen für die Wirtschaft, ob im Hafen und in der Luftfahrtindustrie oder für eine Wende in der Verkehrspolitik? Mit dem Haushalt werden die Pflöcke eingeschlagen.

18,8 Milliarden Mark will Hamburg im kommenden Jahr ausgeben – wobei einer der größten Posten im Etat überhaupt nicht auftaucht. Die ungeheuren Investitionen für die Dasa-Erweiterung in Finkenwerder – mindestens eine Milliarde Mark – hat der Senat aus dem Haushalt herausgenommen und rechnet mit einer Finanzierung durch den Verkauf Hamburger Vermögens. Aber auch ohne den ausgerollten Geldteppich für den A3XX birgt der Haushalt reichlich Fußfallen.

Der Fallensteller heißt Eichel und bringt die Länder in Bedrängnis. Steuerreform, Entfernungspauschale: Stets steht die rot-grüne Bundesregierung als diejenige da, die den Menschen Gutes tut – und rot-grüne Länderregierungen in Sparzwang versetzt: Auf den die dann mit Kürzungen bei Sozialhilfe, Kindertagesstätten, Bücherhallen oder Gesamtschulen, wie es in Hamburg passiert, reagieren.

Die Taktik von SPD und GAL beim Gang ins Jahr 2001 ist klar: Unaufgeregtheit demonstrieren, auf Erfolge wie die gesunkene Arbeitslosenzahl hinweisen und so weitermachen wie bisher. Nur keine Hektik, nur keine Kursänderung am Ende der Legislaturperiode und vor allem nicht dem Senat widersprechen. Das hat man schon in den Vorjahren kaum getan – und im Wahljahr macht man so etwas erst recht nicht.

Beide Fraktionen verzichten im Vorfeld der Haushaltsdebatte sogar auf Pressekonferenzen, um ihre eigenen Etatentwürfe vorzustellen. „Die sind eben nicht besonders spektakulär“, sagt SPD-Fraktionssprecher Ivo Banek. Man hat zwar „lang und intensiv“ mit der GAL über einzelne Posten verhandelt, aber echten Streit gibt es zwischen Rot und Grün nicht. Die Verhandlungen dauerten eher deswegen länger als geplant, weil die SPD-Fraktion sich alles gern von den zuständigen SPD-SenatorInnen absegnen lässt. Die größte Fraktion in der Bürgerschaft ist gleichzeitig die mit dem geringsten Selbstbewusstsein.

Dabei könnten die SPD-ParlamentarierInnen ruhig ein bisschen auftrumpfen, sitzen sie doch neun Monate vor der Wahl so weich wie selten. Umfragen geben der Sozialdemokratie eine komfortable Mehrheit, die Anwürfe der CDU, die darauf hinweist, dass die Verschuldung Hamburgs mit 34,4 Milliarden Mark so hoch ist wie nie, kostet die Mehrheitsfraktion nur müdes Achselzucken. CDU-Haushaltsexperte Michael Freytag rechnet gern vor, dass Hamburg allein für die Zinsen täglich 5,5 Millionen Mark ausgeben muss. Seine Vorschläge, doch lieber staatliche Aufgaben zu privatisieren, wird SPD-Fraktionschef Holger Christier als „olle Kamellen“ bezeichnen und dann zur Tagesordnung übergehen.

Und die Kritik des Regenbogen, der Senat betreibe eine Politik, die ohnehin Benachteiligte schwäche und soziale Not schüre, wird vielleicht einige grüne Abgeordnete noch treffen, die SPD wird das kaum ernst nehmen. Die Dinge nehmen ihren sozialdemokratischen Gang. Die Haushaltsdebatte wird daran als allerletztes etwas ändern. Da kann CDU-Fraktionschef Ole von Beust am Montag noch so viele Rücktritte von SenatorInnen fordern. Bürgermeister Ortwin Runde wird sich köstlich amüsieren.