Gebeutelte Deppen

Der Hamburger SV entdeckt nach dem 0:3 gegen den AS Rom seine Grenzen auf der europäischen Landkarte und kann sich derzeit nur an den Schecks der Uefa erfreuen

HAMBURG taz ■ Was ist der Unterschied zwischen Stig Töfting und Cafu? Der Brasilianer vom AS Rom kann zum Beispiel einen hohen Flankenball mit der Hacke weiterleiten. Als Töfting, Mittelfeldspieler beim HSV, am Donnerstag Abend, etwa 30 Sekunden nach Cafu, das gleiche Kunststück versuchte, hoppelte der Ball kläglich ins Seitenaus.

Die Römer, so zeigte sich in den meisten Szenen beim letzten Auftritt der Hamburger im Uefa-Pokal, sind europäische Spitze, der HSV nur Mittelmaß. Zwar zog Trainer Frank Pagelsdorf nach dem 0:3 eine positive Bilanz der internationalen Auftritte: „Wir haben sehr gute Spiele abgeliefert, das heutige einmal ausgenommen.“ Man habe gegen alle Gegner mithalten können außer dem Tabellenführer der Seria A. Aber das hat der Coach auch schon nach dem letzten Champions-League-Spiel gegen La Coruña gesagt. Außer den beiden furiosen Spielen gegen Juventus Turin wurde deutlich, dass die Hanseaten von internationaler Klasse doch noch weit entfernt sind.

Es fehlen: Ein ausgeglichenes Team, in dem die Reservespieler gleichwertiger Ersatz sind. Kondition für zwei bis drei Partien in einer Woche. Die Cleverness, kraftsparend und kontrolliert eine Führung oder ein Unentschieden über die Zeit zu bringen. Eben die Konzentration auf den letzten Abschnitt eines Spiels. Statt dessen kassierten die Last-Minute-Deppen etwa ein Viertel aller Tore in dieser Saison in den letzten zehn Minuten und vergaben damit wichtige Punkte in Bundesliga und Europapokal. Die logische Folge: Aus im Europapokal, und in der Bundesliga dümpeln sie auf Platz zehn. Neben diesen Erkenntnissen bleiben dem Hamburger SV 26 Millionen Mark netto, Geld, das im Volksparkstadion dringend gebraucht wird.

Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Steuerhinterziehung in acht Fällen. Dubiose Transferpraktiken und Handgelder an ausländische Profis sind den Ermittlern aufgefallen, und sie fordern eine Nachzahlung in Höhe von 4,5 Millionen Mark. Klubchef Werner Hackmann würde sich mit dem Finanzamt am liebsten außergerichtlich vergleichen, hat aber auch laut eines internen Papiers an den Aufsichtsrat die Steuerhinterziehung zugegeben. Doch nicht nur der Verein muss die Gerichte fürchten. Auch Spieler sind von den Vorwürfen betroffen. Vor allem der noch aktive Anthony Yeboah wird durch seinen Prozess schwer gebeutelt. Die logische Konsequenz ist mangelnde Fitness. Und das geht wieder auf Kosten der Mannschaft und des Vereins. So saß der Ghanaer am Donnerstag nicht einmal auf der Ersatzbank.

Auch das ist ein Unterschied zwischen dem AS Rom und dem Hamburger SV: Fabio Capello konnte es sich leisten, seine beiden besten Stürmer Gabriel Batistuta und Francesco Totti zu schonen. Immerhin durfte sich der Italiener zur Freude aller Fotografen ein Viertelstunde lang warmlaufen. EBERHARD SPOHD