HAUSHALTSSANIERUNG UND ENTFERNUNGSPAUSCHALE
: Die „Wir haben’s ja“-Politik

Politik ist Basar und Kuhhandel. Spätestens seit Bundesfinanzminister Hans Eichel im Sommer den CDU-Ländern die Zustimmung zur großen Steuerreform abgekauft hat, ist das auch für alle deutlich sichtbar. Das Gefeilsche um die Entfernungspauschale offenbart jetzt aber eine weitere Stufe in der Monetarisierung der Politik. Nicht mehr um die Durchsetzung einer großen Reform geht es. Sondern um die kurzatmige Reaktion auf eine kurzzeitige Stimmungslage: Die von den Medien herbeigeschriebene „Benzin-Wut“.

Zugegeben, die Ablösung der reinen Kilometer-durch die Entfernungspauschale ist ein Fortschritt. Endlich wird nicht mehr nur Auto-, sondern auch Bahnfahren belohnt. Doch widersinnig und unsozial bleibt die Subventionierung der Pendler allemal: Belohnt wird, wer möglichst weit draußen im Grünen wohnt, die Umwelt und die Infrastruktur durch möglichst lange Fahrwege belastet.

Nicht belohnt wird, wer die Städte lebenswert erhält, indem er dort wohnt, um die Luft und die Straßen zu schonen oder weil er es sich schlicht und ergreifend nicht leisten kann, ins Grüne zu ziehen. Rot-Grün wirft die eigene Maxime mit Nonchalance über die Leitplanke. Von ökologischen Argumenten ganz abgesehen: Ausgerechnet der eiserne Hans, der solideste Haushälter südlich des Nordpols, greift mal eben tief in die Tasche. Offensichtlich haben wir’s ja. Bund, Länder und Gemeinden wird die Entfernungspauschale eine Milliarde Mark im Jahr kosten. Nur zur Erinnerung: Das sind die gleichen Akteure, die uns sonst über den Ruin der Kommunen, den Bankrott der Länder und die Handlungsunfähigkeit des Bundes die Ohren voll jammern, wenn sie Sparpakete verkünden.

Mit der Entscheidung zu den Pendlern wird nicht Ruhe an der Abgabenfront sein. Im Moment sinkt der Rohölpreis, doch er wird auch wieder steigen. Anfang Januar steht die nächste Stufe der Ökosteuer auf dem Programm. Kommt dann der nächste warme Regen? Das Beispiel könnte Schule machen. Um Menschen zu helfen, die unter der Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen und der Ungerechtigkeit der Märkte im Besonderen leiden, gibt es immer eine Gelegenheit. Zurzeit etwa steigen die Brotpreise ganz enorm. Wenn das Geld schon so locker sitzt, warum kommt dann keine Teigverzehrpauschale? BERNHARD PÖTTER