Ein Dichterleben für die Demokratie

Der kroatische Schriftsteller und Gegenspieler des früheren Präsidenten Tudjman, Vlado Gotowac, ist tot

ZAGREB taz ■ Er kritisierte totalitäres Denken sein Leben lang: Vlado Gotovac, kroatischer Dichter, Essayist und begnadeter Redner starb am 7. Dezember, fast genau ein Jahr nach dem Tod seines großen Gegenspielers, des Expräsidenten Franjo Tudjman.

Dass er Tudjman überlebt hat und erlebte, dass die von ihm gegründete und geleitete Oppositionskoalition aus Liberalen und Sozialdemokraten bei den Wahlen im Januar dieses Jahres siegte, gehört wohl zu seinen schönsten Erlebnissen. Denn fast hätte Gotovac sein Engagement für die Demokratie mit dem Leben bezahlt. So war er während der Wahlkampagne für die Präsidentschaft 1997 nur knapp dem Tode entronnen. Ein Leibgardist Tudjmans hatte ihn in Pula mit einer Metallschnalle angegriffen – eine Attacke, von der sich Gotovac niemals mehr erholte.

Deswegen trat er auch bei den Präsidentschaftswahlen dieses Jahres nicht mehr an. Sein Sieg wäre wahrscheinlich gewesen. Denn gegen den 1930 im dalmatinischen Imotski geborenen Gotovac hätte wohl kaum ein anderer Oppositionsführer zu kandidieren gewagt. Schriftsteller haben im Krieg des ehemaligen Jugoslawien nicht nur eine positive Rolle gespielt, viele Intellektuelle entpuppten sich als Nationalisten und Kriegstreiber. Der dem linken katholischen Lager zugehörende Gotovac gehörte nicht zu dieser Kategorie. Unvergessen sind seine Worte zu Kriegsbeginn 1991, als er die Kroaten warnte, den Aggressoren mit den gleichen Mitteln zu begegnen. Kroatien müsse auch im Krieg die Demokratie entwickeln.

Gotovac war schon während der Tito-Zeit ein kritischer Geist gewesen. In den sechziger Jahren arbeitete er als Journalist in Kulturredaktionen des Zagreber Rundfunks und Fernsehens, schrieb für Zeitungen und leitete die Literaturzeitschrift Razlog (Die Ursache). Während des „kroatischen Frühlings“, der nationalen wie reformistischen Bewegung 1969 – 1971 war er Chefredakteur des einflussreichen Hrvatski tjednik (Kroatische Wochenzeitung). Nach dem Zusammenbruch der Bewegung wurde er zu Gefängnisstrafen verurteilt (1972 – 1976 und 1982 – 1984).

Er wurde zudem zu einem achtjährigen „öffentlichen Auftrittsverbot“ verurteilt. Von 1990 bis 1994 war er Präsident des Kulturvereins „Matica hrvatska“. Der Verein gab die Kulturzeitung Vijenac (Der Kranz) heraus, die zum Kristallisationspunkt für unabhängige und gegen den Totalitarismus gerichtete Intellektuelle wurde. ERICH RATHFELDER