Auch Bundestag für NPD-Verbot

Mehrheit von SPD, Grünen und PDS stimmt für einen NPD-Verbotsantrag in Karlsruhe. SPD-Abgeordneter Stiegler spricht von einem „guten Tag“. Verfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt somit über die Anträge aller dreier Verfassungsorgane

von SEVERIN WEILAND

Der Bundestag erlebte gestern eine Premiere. Erstmals in seiner 51-jährigen Geschichte stimmte das Parlament einem Parteienverbot zu. Eine Mehrheit von SPD, Grünen und PDS votierten für den Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen NPD.

Die Union hatte einen eigenen Antrag des Bundestages abgelehnt und die vorausgegangenen Verbotsanträge von Bundesregierung und Bundesrat in einem eigenen Entschließungsantrag lediglich „begrüßt“. Drei der im Plenum anwesenden Grünen-Abgeordneten enthielten sich, darunter Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer. Bei der FDP, die gegen den Antrag ist, scherte ein Abgeordneter aus und schloss sich dem Antrag an.

In der vorausgegangenen Debatte hatte der Unions-Fraktionsvize, Wolfgang Bosbach, die Linie der Schwesterparteien CDU und CSU verteidigt. Die NPD sei in hohem Maße für ein Klima verantwortlich, das Übergriffe gegen Minderheiten bereite. Ein eigener Verbotsantrag des Parlaments sei aber weder rechtlich geboten noch politisch sinnvoll. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle meldete grundsätzliche Zweifel an einem Verbot an. Dadurch würde rechtes Gedankengut nicht beseitigt, auch verschaffe die jetzige Debatte einer Partei wie den Reps in Baden-Württemberg die Möglichkeit, sich gegenüber der NPD als wählbare Alternative herauszustellen. Sollten die Verbotsanträge in Karlsruhe gar scheitern, wäre dies „ein Desaster“, weil die NPD gewissermaßen mit einem „TÜV-Siegel“ in darauf folgende Wahlkämpfe ziehen würde.

Für die Grünen stellte ihr innenpolitischer Sprecher Cem Özdemir klar, dass mit dem Verbot allein das Problem des Rechtsextremismus nicht beseitigt werde. Doch die Gesellschaft habe, zitierte er ein Wort des Publizisten Ralph Giordano, die NPD „lange Zeit wie ungezogene Verwandte behandelt. Damit muss jetzt Schluss sein.“ Gregor Gysi nannte die NPD einen Feind des Artikels 1 des Grundgesetzes. Dem Argument der FDP, die NPD sei wegen geringer Wahlerfolge unbedeutend, entgegnete der Ex-PDS-Fraktionschef, die Situation wäre problematischer, würde die NPD mit 20 Prozent in Landtagen vertreten sein. Dann würde den Antragsstellern unterstellt, sich „eines unliebsamen Konkurrenten zu entledigen“.

Von einem „guten Tag“ sprach der SPD-Abgeordnete Ludwig Stiegler. Die NPD sei eine Kopie der NSDAP, spreche offen von „Systemfeindschaft“. Was die Demokraten seit dem Ende des Krieges aufgebaut hätten, müssten sie daher auch „mit Leidenschaft verteidigen“.

Unterdessen wurde gestern in Berlin mit dem Hamburger Rechtsprofessor Hans Peter Bull der Vertreter der Bundesregierung für das Verfahren in Karlsruhe bekannt gegeben.