Arschkarte im tiefen Wasser

■ Roland-Berger-Gutachten zum Tiefwasser-Hafen wird nun doch veröffentlicht, weil niemand der Geheimniskrämer sein will

Zwei Monate ist es her, dass das Verdikt von Roland Berger gefällt wurde: Wilhelmshaven biete deutliche Vorteile als Standort für einen Tiefwasser-Hafen, sagen die Unternehmensberater. Überprüfbar ist das aber bisher nicht: Das Gutachten ist geheim, zumindest offiziell gibt es nichts weiter als eine zweiseitige Presseerklärung. Dabei gibt es durchaus Interessenten an den Details der Untersuchung, nicht erst seit Gerüchte über mangelhafte Daten zum Lohnniveau die Runde machten.

Vor allem Lokalpolitiker aus dem unterlegenen Cuxhaven fordern längst, dass die Berechnungen von Roland Berger veröffentlicht werden. Im Interview mit der „Deutschen Verkehrszeitung“ verlangt nun auch der Chef der Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG (HHLA), Peter Dietrich, dass das Gutachten offen gelegt wird. Die Berger-Berater hatten argumentiert, höhere Erschließungkosten in Wilhelmshaven würden teilweise durch eine teurere Suprastruktur in Cuxhaven wettgemacht. „Das können wir überhaupt nicht verstehen“, sagt Dietrich. „Eine Suprastruktur, also Flächenbefestigung, Hallen, Kräne und dergleichen, kann man standortunabhängig gleichpreisig bauen.“ Deshalb würde er den Gutachtern gern in die Karten schauen: „Es scheint daher auch angemessen zu sein, dass die vorliegenden Gutachten veröffentlicht werden, damit die Kriterien, nach denen man zu einem Urteil kommt, offen gelegt werden.“

Dagegen gibt es allerdings erhebliche Widerstände. Unklar ist bislang, wo die größten Geheimniskrämer sitzen. Aus der niedersächsischen Staatskanzlei war vor zwei Wochen zu hören, man würde das Gutachten ja gern veröffentlichen. Aber die Mitauftraggeber aus Hamburg seien dagegen. So kamen lediglich die Abgeordneten in Niedersachsens zuständigen Parlamentsausschüssen in den Genuss der begehrten Informationen. In Hamburg wollte man von einer Bremserrolle indes nichts wissen: „Von unserer Seite steht einer Veröffentlichung nichts entgegen,“ sagt der Sprecher des Hamburger Wirtschaftssenators, „wir sind ja an einer kritischen Beleuchtung des Gutachtens interessiert.“ Auch Bremen wollte nicht als Blockierer dastehen: „Wir haben nichts gegen eine Veröffentlichung, aber selbst werden wir nicht initiativ“, lautete die salomonische Formulierung von Wirtschaftsressort-Sprecher Thorsten Groth. Ob am Ende vielleicht doch die Niedersachsen ...?

„Nein“, heißt es aus der Staatskanzlei, „aber die Gefechtslage hat sich verändert: Jetzt sind es tatsächlich die Bremer!“ Der Bremer Häfen-Sprecher Rüdiger Staats windet sich: „Das ist nicht unsere Entscheidung. Wir halten uns nur an die Verabredung der drei auftraggebenden Länder.“ Vielleicht werde die ja auf der nächsten Sitzung der gemeinsamen Arbeitsgruppe gekippt ...

Tatsächlich, sie wurde. Nun sollen die brisanten Daten der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Da ist man sich jetzt einig. Es kann nur noch eine Frage von Tagen sein, bis das Gutachten im Internet zur Verfügung steht. Sollte die hohe Politik sich das noch einmal anders überlegen, wird das nichts mehr ändern: Auch die Bürgerinitiative gegen den Jade-Port hat das Werk ergattert und wird es in den nächsten Tagen unter www.antiport.de veröffentlichen.

Jan Kahlcke