Da capo al fine

Statt die Opern zu reformieren, will Kultursenator Stölzl mit dem Bund den Hauptstadtkulturvertrag komplett neu verhandlen. Koalitionspartner SPD ist entsetzt. Grüne: Fusions-Seifenblase geplatzt

von RALPH BOLLMANN

In der Berliner Opernkrise heißt es jetzt: Zurück auf Anfang. Statt – wie für gestern angekündigt – ein endgültiges Konzept für die Zukunft der drei Berliner Musiktheater zu präsentieren, will Kultursenator Christoph Stölzl den Hauptstadtkulturvertrag mit dem Bund völlig neu verhandeln. Nach einem ersten Gespräch mit dem designierten Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD) habe er den Eindruck gewonnen, es sei „alles wieder verhandelbar“, sagte Stölzl gestern vor dem Theaterausschuss des Abgeordnetenhauses.

Der scheidende Staatsminister Michael Naumann (SPD) hatte die finanzielle Beteiligung des Bundes an einem der Berliner Opernhäuser strikt ausgeschlossen. Stölzl hofft nun, dass sich mit Naumanns Ausscheiden „an der Abstinenz des Bundes etwas ändern könnte“. Deshalb dürfe das Land „keine Schritte unternehmen, die die Mitwirkung des Bundes schwieriger machen könnten“.

Ohne es direkt zu sagen, verabschiedete sich Stölzl damit von seinem ursprünglichen Reformkonzept, die beiden großen Opernhäuser unter einer gemeinsamen Generalintendanz zu vereinigen. Diese Fusion hätte eine spätere Übernahme der Staatsoper durch den Bund unmöglich gemacht.

Jetzt will sich Stölzl offenbar an dem Alternativvorschlag orientieren, den drei auswärtige Opernintendanten in der vergangenen Woche vorgelegt haben. Anders als bei der Stölzl’schen Fusion sollen die drei Häuser demnach selbständig bleiben, aber ihr Programm in einem gemeinsamen „Opernrat“ abstimmen. Trotz dieses Widerspruchs sagte der Senator, er fühle sich durch das Gegenkonzept bestätigt. „Die Intendanten haben nur die erste Stufe der Rakete gezündet, die wir ganz zünden wollten.“ Trotzdem bleibe es dieselbe Rakete.

SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit zeigte sich „entsetzt“, dass Stölzl die Opernreform von neuen Verhandlungen mit dem Bund abhängig mache: „Muss Ihnen Herr Nida-Rümelin erklären, wie Sie die Opernreform machen sollen?“ Die bündnisgrüne Abgeordnete Alice Ströver warf dem Senator vor, sein Reformkonzept sei „zerplatzt wie eine Seifenblase“. Stölzl müsse jetzt endlich sagen, was er wolle.

Allein die CDU-Fraktion, die dem „überforderten“ Stölzl in der vergangenen Woche arg zugesetzt hatte, stärkte ihrem Senator diesmal den Rücken. Die auswärtigen Intendanten hätte mit ihrem Reformpapier die Position des Kultursenators „im Wesentlichen“ bestätigt, sagte der Abgeordnete Heiner Kausch.

Kausch teilte auch den Ärger des Senators über jene 3,5 Millionen Mark, die der Bund für eine Gehaltsaufbesserung der Staatskapelle bewilligt hat, um den Dirigenten Daniel Barenboim in Berlin zu halten. Statt das Geld für diesen Zweck zu verwenden, solle Stölzl mit beiden großen Opernorchestern – also auch jenem der Deutschen Oper – über eine „moderate“ Tariferhöhung verhandeln. Im Gegenzug sollten die Musiker zu kostenlosen Aushilfsdiensten am jeweils anderen Haus verpflichtet werden. SPD-Mann Wowereit hielt dieser Argumentation entgegen, es sei politisch „nicht durchzuhalten“, der Staatsoper das zugesagte Geld zu verweigern.

Weiterhin unklar ist auch das künftige Personalkonzept insbesondere für die Deutsche Oper. Stölzl ließ durchblicken, dass er sowohl den bisherigen Chefdirigenten Christian Thielemann halten als auch den bereits paraphierten Vertrag mit dem designierten Nachfolger Fabio Luisi erfüllen wolle. Bislang scheitert eine Einigung daran, dass beide Dirigenten den prestigeträchtigen Titel des Generalmusikdirektors beanspruchen.