Cinemaxx frisst Ziegelhof

■ Overscreening jetzt auch in Oldenburg: Altes Kino macht zu

Ein letztes Mal reitet der Marlborocowboy über die Leinwand im großen Saal des Oldenburger Ziegelhofkinos. Dann die Eiswerbung. Für den Filmvorführer mit Leib und Seele, Walter Zielewsky, ist es das Zeichen, den Hauptfilm zu starten. Zum letzten Mal. Denn „sein“ Kino, das Oldenburger Ziegelhof-Kino, schließt heute.

„Ich bin durchs Kino gegangen, durch die Vorführräume und hab' die Maschinen gestreichelt. Mir kamen die Tränen“, sagt der 64-Jährige. 1949 nahmen die Ziegelhof-Lichtspiele ihren Betrieb auf. Fast genauso lang ist Zielekowsky dabei. Mit 900 Plätzen waren sie das größte Kino in Oldenburg. 1957 kam das Filmkunstkino „Studio Z“ mit 200 Plätzen dazu. Mit Gartencafé, Festsaal und Freilichtbühne war das Ziegelhof außerdem Kulturzentrum. Vom NDR-Studio nebenan, nur durch eine Glasscheibe getrennt, wurden Konzerte und Shows direkt übertragen, erinnert sich Zielewsky.

„Eigentlich hatte ich vor, das Ziegelhof zu erhalten, aber wenn man nur Geld reinbuttert, muss man sich fragen, ob sich das lohnt.“ Inhaber Detlev Roßmann hat sich entschieden. Es lohnt sich nicht.

Vor fünf Jahren hat der Oldenburger Kinobetreiber die traditionelle Spielstätte übernommen. Anfangs lief es gut, sagt er, doch dann kam das Cinemaxx und die Besucherzahlen gingen um die Hälfte zurück. Overscreening heißt das magische Wort. Zu viele Leinwände gibt es in Oldenburg und zu wenig Publikum. Und das rennt scharenweise ins Cinemaxx am Stau. Da ist kein Platz für Sentimentalität, so Cineast Roßmann. „Eigentlich hängt mein Herz an diesen alten Kinos, aber leider scheint die Zeit über sie hinwegzugehen.“

Fünf Leinwände bleiben Roßmann noch in den zwei übrig gebliebenen Programmkinos Wall und Casablanca. Die will er für ein „anspruchsvolles Publikum“ erhalten, und das geht nicht ohne Konzessionen: „Filme zu zeigen, die nur ein ganz kleines Publikum finden, das wird in Zukunft sehr schwierig sein.“

Ein Alternativkonzept zur Rettung des Ziegelhofs kam vom Medienbüro Oldenburg, verschwand aber umgehend wieder in der Versenkung. Eine Mischung aus Filmkunstkino, Kneipe, Konzert- und Theatersaal schwebte dem Verein vor, ähnlich wie in der Anfangszeit. Ohne städtische Förderung allerdings geht die Rechnung nicht auf. Rund 90.000 Mark jährlich müsste der Erhalt des Traditionskinos der Stadt wert sein, eine in anderen Städten durchaus übliche Summe für die Filmförderung, sagt Mark Gyampoh vom Medienbüro. Nicht in Oldenburg. Leere Kassen, da sei nichts zu holen, so Kulturdezernent Ekkehart Seeber. Da sei man sich auch im Kulturausschuss einig. Das „ganz kleine“ Publikum für die „sehr anspruchsvollen“ Filme wird sich also auch in Zukunft anderswo umsehen müssen. Und das Ziegelhof? Ein Fitnessstudio soll daraus werden, vielleicht aber auch ein Ärztehaus. Kristin Hunfeld