Fisch? Ja, wenn es Quotenfang ist

Hunger auf Fisch: Fisch ist gesund. Und Fisch wird noch viel gesünder, wenn die anderen Proteinlieferanten wie Rind, Schwein oder Geflügel durch Skandale auf sich aufmerksam machen. Nach Angaben des Fisch-Informationszentrums (FIZ) hat jeder Bundesbürger im Jahr 1999 durchschnittlich knapp 13 Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte gegessen. Weltweit werden sich nach einer Studie des World Watch Institute in Washington am Ende des Jahrzehnts mehr Menschen von Zuchtfischen ernähren als von Rindfleisch.

Appetitzügler: Fisch war lange eine Nahrung, die in der Natur gefangen und nicht gezüchtet wurde. Die Folgen des steigenden Fischhungers sind verheerend für die Bestände. Nach Informationen des Bundesamts für Naturschutz (BfN) gelten inzwischen 52 der 70 deutschen Binnenfischarten als gefährdet. Bei den Meeresfischen sieht es kaum besser aus. Arten wie Dorsch, Schellfisch, Wittling, Seelachs, Scholle, Hering und Makrele haben im letzten Jahrzehnt „zeitweise historisch geringe Bestände erreicht“, warnt das BfN. Nach Angaben von Umweltschutzverbänden sind die Meere inzwischen teilweise so gut wie leer gefischt. Die riesigen industriellen Fangflotten kämmen nicht nur die Speisefische aus den Meeren, sondern zerstören ganze Ökosysteme, indem „nutzlose“ Fische oder Kleinwale, Schildkröten und Delfine als „Beifang“ in den Netzen verenden.

Die Aquafarmen, in denen Fische extra gezüchtet werden, sollten diesen Druck von den Beständen nehmen. Das aber ist nicht eingetreten, sagt Heike Vesper vom WWF: „Deshalb wird kein einziger Lachs weniger gefangen.“ Im Gegenteil, die Aquakulturen tragen sogar zu stärkerem Fang bei, weil Lachse und Shrimps als Raubfische mit Fischmehl ernährt werden, wofür extra Fische gefangen werden.

Die Enge der Käfige setzt die Tiere unter Stress, der mit Antibiotika bekämpft wird. Ungenutztes Fischmehl sinkt auf den Grund und entzieht dem Wasser Sauerstoff. In Norwegen etwa verursacht die Lachszucht in den Fjorden so viele Abwässer wie alle vier Millionen Norweger zusammen.

Genuss ohne Reue: „Eigentlich müsste man sich jedes Jahr neu informieren, was man essen kann“, sagt Greenpeace-Meeresexperte Ingo Bokermann. Denn die unterschiedlichen Fangquoten und der stark schwankende Nachwuchs beim Fisch verändern die Lage dauernd. In diesem Jahr etwa könne man mit gutem Gewissen Hering aus der Nordsee essen, heißt es vom WWF. Ein Ökosiegel soll außerdem Klarheit schaffen: Der Marine Stewardship Council vergibt sein Siegel an Fischereien, die den Beifang stark reduzieren und die Umwelt nicht über Gebühr beanspruchen. Das Siegel haben laut Heike Vesper bisher der Alaska-Seelachs, der Themse-Hering und die Westaustralische Languste bekommen – keiner dieser Fische ist in Deutschland zu bekommen. Bleibt also nur der Weg zum Biofischer: Die Firma Naturland etwa bietet ein Ökosiegel, bei dem sichergestellt wird, dass das Fischmehl ökologisch unbedenklich ist und die Tiere Antibiotika nur unter Aufsicht eines Tierarztes erhalten. BERNHARD PÖTTER

WWF-Einkaufsführer Tel. (04 21) 6 58 46 29