Geschichte gut konserviert

Archäologische Ausgrabungen des Helms Museum belegen: Das Städtchen Harburg ist älter als bisher angenommen  ■ Von Gernot Knödler

So hat es hier also im Mittelalter ausgesehen: Ein mit Flechtwerk eingefasster Graben und ein auf Pfählen gegründetes Fachwerkhaus auf einer Wurt – das ist ein Ausschnitt des Städtchens Harburg im 14. Jahrhundert. Die Reste davon sind in einer Grube mit den Ausmaßen eines Privatschwimmbeckens zu sehen, die Archäologen vom Helms Museum in der Harburger Schloßstraße ausgehoben haben – dort wo das neue Wohn- und Gewerbegebiet Channel Harburg entstehen soll.

Akkurat heben sich die verschiedenen Lehm-, Sand- und Brandschichten der Jahrhunderte vonei-nander ab. Der nasse Boden hat Gründungspfähle, Fachwerkbalken und das Holz alter Bohlenwege deutlich sichtbar konserviert. „Das steht archäologisch der Hamburger Innenstadt in nichts nach“, freut sich die Archäologin Elke Först, die die Grabung leitet. Von einer Probebohrung weiß sie, dass noch zwei „Bauhorizonte“ auf sie warten – möglicherweise reichen sie zurück bis ins 11. Jahrhundert.

Das Graben erfordert viel Fingerspitzengefühl, weil gerade kleine Funde Aufschluss darüber geben, wer hier wann und wovon gelebt hat. Auf einem Bohlenweg fanden die ArchäologInnen zum Beispiel einen knöchernen Sattelbesatz mit dem Wappen derer von Heimbruch. Im 16. Jahrhundert ist diese Adelsfamilie aus Harburg weggezogen. Überdies fiel das Gelände in der Vergangenheit nach mehreren Seiten hin ab, so dass die Grabungsschichten schief liegen und die Archäologen gut aufpassen müssen, die Schichten verschiedener Zeiten nicht miteinander zu verwechseln.

Die Historiker erhoffen sich von der Wühlerei Aufschlüsse über die Geschichte Harburgs vor dem Jahr 1600. Nur bis zu diesem Jahr reichen die schriftlichen Quellen zurück. Alles andere muss aus den Funden im Boden erschlossen werden. Försts Forschungen haben bereits jetzt neue Erkenntnisse gebracht: Das Städtchen Harburg ist schneller gewachsen, als bisher angenommen wurde.

Keimzelle der Siedlung war das Schloss, zu dem ein langer Damm führte. Auf diesem Damm, zu beiden Seiten der heutigen Straße wurden vom Schloss weg, von Norden nach Süden, Häuser gebaut. Heute steht fest: Bereits im 14. Jahrhundert hatte die Siedlung ihre Grenze an der damaligen Seeve erreicht. Der heutige Stadtkern Harburgs liegt weit jenseits davon.