„Hallo, hier die Senatorin“

■ Karin Roth spendet am Telefon Trost und Mut: Die Hoffnung für alle Arbeitslosen in dieser Stadt

„Hallo, hier spricht Karin Roth, die Senatorin für Arbeit. Drucker sind Sie? Ah ja, seit sieben Jahren arbeitslos. Was ist denn Ihr Problem? 47 sind Sie? Na, da sind Sie doch noch jung.“ Wer gestern Vormittag die Arbeits- und Sozialsenatorin Karin Roth ans Rohr bekam, der erhielt von ihr Hoffnung und gute Worte. Eine Stunde saß sie am Telefon der Arbeitslosen Telefonhilfe, die unter 0800 -111  0 4 44 von 9 bis 21 Uhr Arbeitslose berät.

Neben der Hoffnung gab es von der Senatorin auch etwas zu lernen. Zum Beispiel über Frauen und Männer. „Ja, ja, den Fehler machen viele Frauen, dabei lassen sich auch Akademiker scheiden, wenn sie ihre Frauen nicht mehr mögen.“ Und: „Ja, so sind sie die Frauen, verzichten auf die Rente, auf Unterhalt und glauben, die Liebe hält ewig, aber dass das so ist, glaube ich nicht.“ Am anderen Ende hatte eine Frau ihr „ganz typisches Schicksal“ geschildert: Die Rente hat sie sich auszahlen lassen, als das junge Ehepaar dringend Geld brauchte. Bei der Scheidung wollte sie von ihrem Mann keinen Unterhalt, und jetzt möchte sie nicht den Kindern zur Last fallen. Und eine kleinere Wohnung will sie und arbeiten. Roth ist guter Hoffnung: Fremdsprachensekretärin mit Englisch und Computerkenntnissen, da dürften doch die 57 Jahre kein Problem sein.

Das erzählt sie auch dem nächs-ten Anrufer über dessen 58 Jahre, der sich „sein Zimmer mit Absagen tapezieren kann“. Er ist Feinmechaniker, hat 42 Jahre gearbeitet. „Ja, Sie wollen ins Leben zurück, das verstehe ich“, sagt die Senatorin. „Ach, überqualifiziert? Das ist ja besonders bitter.“ Ach, es dürfte auch ein befristeter Vertrag sein? Na, das sollte sie doch hinkriegen. Von allen Anrufern schreibt sie sich Namen und Adressen auf und verspricht, sich höchstpersönlich oder doch fast persönlich zu kümmern.

Und dann hat sie einen leichten Fall: „Sie sind gar nicht arbeitslos? Na, das ist doch schon mal positiv.“ Seine Abteilung werde umstrukturiert, er wohl seinen Job verlieren, deshalb braucht er zum Bewerben ein Zertifikat über seine Computerfitness. „Wir haben da eine Einrichtung ZEBRA, die führt Computerkurse durch. Aber Sie brauchen ja keinen Kurs zu machen, in dem Sie sich nur langweilen. Sie können ja gleich das Zertifikat machen.“ Amtsleiter Uwe Riez, der am Nebentisch telefoniert, hat Bedenken. Aber mit einem persönlichem Wort könnte da wohl mal eine Ausnahme gelingen.

Als Letzten verarztet Karin Roth noch einen 39-Jährigen, dem Sie gleich auf den Kopf zusagt, dass er wohl aus dem Osten kommt. Stimmt, aus dem Erzgebirge. Der will eigentlich nur eine kleinere Wohnung und hofft auf das Vorstellungsgespräch beim Wachdienst. „Nun bleiben Sie erst mal optimis-tisch.“ Sandra Wilsdorf