St. Georg – das Reichenviertel

Anwohner wehren sich gegen Eigentumswohnungen auf Schulgelände  ■ Von Sandra Wilsdorf

„Wenn ich einmal reich bin“ – dann ziehe ich nach St. Georg. In die Nachbarschaft von „Saint George“, wie es dann wohl heißen wird. Wand an Wand mit Double Income no Kids, urbanen Singles, Schickis und Mickis. Ich würde mir für 4000 bis 6000 Mark pro Quadratmeter eine der Eigentumswohnungen kaufen, die auf dem ehemaligen Schulgelände Ecke Koppel/Lange Reihe entstehen sollen, vielleicht reichte es sogar für eines der schicken Lofts. Mein Smart würde in der Tiefgarage wohnen, die dort hinkommt, wo jetzt die alten Bäume stehen. Frühstücken könnte ich im Bistro, Abend essen in dem gläsernen Edelrestaurant, das auf das Dach der heutigen Turnhalle kommen soll. Hätte ich etwas zu feiern, könnte ich Räume im „Stadtteilzentrum Saint George“ mieten.

Das St. Georg von morgen? Ja, ganz ohne Phantasterei: Der Stadtplanungsausschuss hat für all dies grünes Licht gegeben, nun kann es losgehen: Die Investorengruppe um Rechtsanwalt Alexander M. Valentin-Dallmer und die HPE Hanseatische Wohnbau GmbH haben von der Stadt den Zuschlag bekommen, Gelände und Gebäude der Schule für gute sechs Millionen Mark zu kaufen und ihr Konzept von urbanem Wohnen und Arbeiten umzusetzen. Die Anwohnerinitiative „Spitz pass auf“ wehrt sich mit Unterschriftenlisten dagegen.

Die Investoren hatten im Höchstgebotsverfahren der Stadt gewonnen. Zu den Eigentumswohnungen und Büros im Schulgebäude entstehen auf dem jetzigen Schulhof zwei sechs- bis achtgeschossige Häuser mit weiteren Eigentumswohnungen. Das Stadtteilzentrum „Saint George“ sollen gemeinnützige Gruppen zu festen Zeiten zum Selbstkostenpreis nutzen können, ansonsten aber wird es gegen gutes Geld vermietet werden. „Ich komme aus der Charity Work, habe Big Spender mitgegründet“, erklärt Investor Alexander M. Valentin-Dallmer. Deshalb kann er im Kern auch verstehen, dass „Spitz pass auf“ dagegen protestiert, dass die Stadt das Grundstück verkauft hat.

„Wenn jemand sechs Millionen Mark ausgibt, ist doch klar , dass man das wieder reinholen muss“, fürchtet Michael Joho, Mitglied der Initiative, die die „Schickisierung“ ihres Stadtteils verhindern will. Er und einige andere Mitglieder der Initiative haben selber mitgeboten: „Wir wollten ein genossenschaftliches Wohnprojekt mit vielen Kindern und einem richtigen, nämlich nichtkommerziellen, Stadtteilzent-rum machen.“ Aber natürlich hätten sie bei den sechs Millionen Mark nicht mithalten können. Als er im Stadtplanungsausschuss zur Übergabe der Unterschriftenlisten etwas sagen wollte, hätten CDU und SPD den Antrag der GAL niedergestimmt. Die GAL-Abgeordnete Ursula Schneider muss sich ihrerseits Doppelmoral vom Investor gefallen lassen. In einem Brief kritisiert er, dass sie sie sich bei der Sitzung kritisch zu der geplanten Bebauung äußerte, ohne zu erwähnen, „dass die GAL trotz der verdichtenden Bebauung mit dem Konzept grundsätzlich einverstanden sei“.