„Sehr schmerzlicher Prozess“

Jüdische Gemeinde streitet über Haushalt und den Fall von Jonathan M., dem eine volle Teilnahme an einem Kurs des „Lauder“-Lehrhauses verweigert worden war

Im Haushaltsentwurf der Jüdischen Gemeinde zu Berlin klafft für das kommende Jahr ein Millionendefizit. Vor der entscheidenden Sitzung der Dezernenten Mitte nächster Woche verzeichnet der Entwurf des Haushalts 2001 noch eine Lücke von etwa 3,5 Millionen Mark. In einem „sehr schmerzlichen Prozess“, so der Gemeindevorsitzende Andreas Nachama, müssten nun die beantragten Ausgaben auf das finanziell Mögliche gekürzt werden. Seit zwei Jahren hat die Gemeinde einen Etat von jährlich etwa 48 Millionen Mark.

In der Sitzung des Gemeindeparlaments, der „Repräsentantenversammlung“, sagte Nachama am Mittwochabend, es werde durch Einschnitte in den einzelnen Ressorts gelingen, einen im Großen und Ganzen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wo gespart werden muss, ist allerdings noch offen. Trotz teilweise harscher Kritik – eine Repräsentantin sprach von einem „skandalösen Finanzgebaren“ der Gemeinde in den vergangenen Jahren – einigten sich die Gemeindevertreter mehrheitlich darauf, angesichts der Unsicherheit über den Etat lediglich einem Viertel des Haushalts schon jetzt zuzustimmen. Im März soll eine neue Repräsentantenversammlung gewählt werden.

Wie der Geschäftsführer der Gemeinde, Michael May, erläuterte, werde voraussichtlich nach dem Kürzungstreffen in der kommenden Woche immer noch ein Defizit von etwa einem Prozent des Haushalts im Etat 2001 zu finden sein. Diese etwa 500.000 Mark seien aber verkraftbar. Schon beim Haushalt 2000 habe es Anfang dieses Jahres, vor den Verhandlungen mit den Dezernenten, einen Haushaltsentwurf gegeben, der eine Unterfinanzierung von etwa 6 Millionen Mark auswies. Danach habe man diesen Betrag aber auf unter 400.000 Mark reduzieren können.

Abgesehen vom Etat sorgte in der Repräsentantenversammlung noch einmal der Streit um das Gemeindemitglied Jonathan M. für längere Diskussionen. Dem 19-Jährigen war Mitte des Jahres die volle Teilnahme an einem religiösen Fortbildungskurs im „Lauder“-Lehrhaus verweigert worden, da einem Rabbiner nach Absprache mit einem Rabbinergericht Zweifel an seiner jüdischen Herkunft gekommen waren. Das Gemeindeparlament einigte sich darauf, bei einem anstehenden Besuch des amerikanischen Mäzens Ronald Lauder das mit der Lehrinstitution von Anfang an festgelegte Prinzip zu bekräftigen, wonach jedes Gemeindemitglied auch jeden Kurs am Lehrhaus besuchen können müsse. PHILIPP GESSLER