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: Prima Kumpel, Klassefrau

„Scharf aufs Leben“

Mi, 20.15 Uhr, ARD

Senta Berger ist toll. Mit 55 sieht sie aus wie in den Jungbrunnen gefallen. Und scheut sich nicht, ihre Falten zu zeigen. Außerdem ist sie klug – lebensklug, patent, steht mitten im Leben – kurz: Senta ist ein prima Kumpel und eine Klassefrau. Sonst noch was? Nö, das reicht schon. So oder so ähnlich müssen die beiden Drehbuchautoren Christine Kabisch (die auch Regie führte) und Neithardt Riedel frei assoziierend an ihrer Geschichte gefeilt haben. Das Ergebnis nannten sie „Scharf aufs Leben“ und verkauften es der ARD. Man sah also eine tolle Senta Berger, die mit 55 ... siehe oben.

Senta spielte Solveigh Kronberg, die vom Bistro weg von einer Werbeagentur unter Vertrag genommen wurde und flugs zum neuen Modelstar avancierte. Denn: Man wolle endlich mal wieder ein Gesicht, das lebt und „gelebt“ halt, wie’s der branchenübliche Talk umschreibt. Der Chef, ein smarter Enddreißiger (Ralph Herforth) und sein Starfotograf (verknittert wie immer: Ulrich Pleitgen) verliebten sich natürlich in Senta-Solveigh und durften Sätze wie „’ne Frau wie Solveigh kann man nicht haben, neben der kann man nur sein“, zum Besten geben, dass das Geschenkpapier nur so raschelte.

Überhaupt gerieten die Nebendarsteller in diesem Berger-Festival zu Statisten und Stichwortgebern. Vom Eigenleben der Figuren keine Spur. Aber dafür war auch keine Zeit. Schließlich mussten etliche Themen wortreich verwurstet werden: Ältere Mann liebt junge Frau, reife Dame liebt jüngeren Mann, Selbstfindung nach 30 Ehejahren, Oberflächlichkeit der Werbe-Community etc.

Wenn Pleitgen am Schluss davon faselt, italienische Opern und französischen Wein zu lieben und Berger von einer eckigen Runde spricht und damit ihren Ausflug in die Modelwelt meint, ist alles gesagt und breitgetreten. Charme, werte Drehbuchautoren, entsteht nun einmal nicht durch eine Aneinanderreihung von Plattitüden. Am Schluss zieht Solveigh eine Bilanz: „Ich habe jetzt noch mindestens 15 gute Jahre.“ Senta Berger mag man in den nächsten 15 Jahren vor allem bessere Drehbücher wünschen. Denn eigentlich ist Senta – wir erwähnten es bereits – toll.

THORSTEN PILZ