BUSH HAT KEIN AUSSENPOLITISCHES KONZEPT. WIRD ER DAS UMSETZEN?
: Todesstrafe für das Weltklima

Was kann Europa von George W. Bush erwarten? Fragen wir die Iren, die gerade noch einmal Bill Clinton zujubelten, der sich seit Jahren persönlich im nordirischen Friedensprozess engagiert. Ein Schulterzucken wäre wohl die Antwort – Bushs Position zu Irland ließe sich vollständig auf einem der Chads, einem jener ominösen kleinen Wahlzettel-Stanzmarken, wiedergeben: Es gibt sie nicht.

Fragen wir die Kosovaren, die Bush möglichst schnell sich selbst überlassen will. Sollen die Europäer doch die Konflikte bei sich selbst ausbaden, denkt der Texaner. Die US-Soldaten, die im Kosovo Dienst tun, will er so schnell wie möglich nach Hause holen. Und tschüss. Fragen wir die Außen- und VerteidigungsministerInnen, die über Jahre die sensible transatlantische Balance innerhalb der Nato zu bewahren suchten: Mit der von Bush vehement verfochtenen nationalen Raketenabwehr, die Amerika vor Nuklearangriffen aus so genannten Schurkenstaaten schützen soll, belastet er das transatlantische Bündnis schwer.

Zum Schluss klopfen wir noch mal bei den UmweltministerInnen an die Tür. George W. Bush? Das ist doch der aus Houston, wo es die giftigste Luft der USA gibt; das ist der, der im Naturschutzgebiet von Alaska nach Öl bohren will. Oje, es war schon schwer genug mit Bill Clintons Vertreter bei der jüngsten Klimaschutzkonferenz. Jetzt können wir unsere Hoffnung auf eine vernünftigere US-Energiepolitik endgültig in den Schornstein schreiben. Hat da jemand Schurkenstaat gesagt?

Im Ernst: In den Clinton-Jahren haben die Vereinigten Staaten von einigen Unsitten früherer Großmachtpolitik Abstand genommen. Wenn es nach dem scheidenden Präsidenten gegangen wäre, hätten die USA ihre Schulden bei den Vereinten Nationen beglichen. Die Republikaner im Kongress verhinderten es. Wenn militärisch interveniert wurde wie im Balkan oder Haiti, ging es darum, Krisen einzudämmen, Brandherde auszutreten. Nun sollen die US-Streitkräfte aufgerüstet, aber seltener eingesetzt werden. Wenn es darum ging, Russland zu helfen, seine Arsenale und Divisionen ab- und seine Wirtschaft aufzubauen, gab es Hilfe aus den USA. Bush will auch hier wieder zu einem härteren Kurs zurückkehren.

Europa hält den Atem an, weil George W. Bush praktisch keine Expertise bei den Beziehungen zur Alten Welt ins Amt mitbringt. Er brüstet sich damit, ein erstklassiges außenpolitisches Team an seiner Seite zu haben. Dieses Team hat seine Meriten in den Amtsjahren von Ronald Reagan und George Bush senior erworben. Die Zeiten haben sich aber gewandelt. Die alten Rezepte aus der Zeit des Kalten Krieges, wenn sie denn je gut waren, funktionieren nicht mehr. STEFAN SCHAAF