Blair verabscheut Rituale – genau wie Schröder

aus London RALF SOTSCHECK

Die Wahlen im Mai hat er so gut wie gewonnen: Premier Tony Blair wurde von den britischen Medien als strahlender Sieger von Nizza gefeiert. Das Veto bei Steuer und Sozialem wurde entgegen Frankreichs Wunsch beibehalten, während es bei der Reform der EU-Gerichte und des Budgets auf britische Initiative gestrichen wurde. Darüber hinaus wurde der französische Antrag auf „flexible militärische Initiativen“ abgeschmettert. Blair habe „Britanniens nationale Interessen verteidigt, während er gleichzeitig ein guter Europäer geblieben“ sei, so der Guardian.

Die britischen Medien notierten auch, dass Gerhard Schröder – ganz anders als sein Vorgänger Helmut Kohl – sich nicht als starker Mann aufspielte, sondern die ihm wichtigen Punkte wie zusätzliche Sitze im Straßburger Parlament eher hinter den Kulissen verfolgte. „Herr Schröder war entspannt“, so der Guardian.

Verschiedene Zeitungen machten Veränderungen in der deutsch-französischen Achse aus. Das Verhältnis zwischen Schröder und Chirac sei bei weitem nicht so gut, wie es zwischen Kohl und Mitterrand oder gar zwischen Adenauer und de Gaulle war. Schröder dagegen stehe Blair sehr viel näher, glaubt der Guardian: Beide verabscheuen die Rituale und die schleppenden Verhandlungen bei EU-Gipfeln, beide kümmerten sich um die kleineren Länder, deren Gefühle nach der Neuverteilung der Sitze verletzt waren.

Und die Tories? Blair habe drei Riesenschritte in Richtung eines europäischen Superstaates gemacht, behauptete Oppositionsführer William Hague. Doch mit dieser Taktik, da sind sich die Medien einig, braucht er bei den Wahlen gar nicht erst anzutreten.