Ein Mann für alle Gelegenheiten

Uwe Hübner hat vor knapp elf Jahren als Moderator eine Institution im deutschen Fernsehen übernommen: die ZDF-Hitparade. Der gebürtige Pforzheimer, zuvor leidlich erfolgreich bei RTL und bei diversen Radiosendern, gilt zu Recht als der Totengräber der Sendung. Seit seiner Amtsübernahme hat die Show achtzig Prozent ihrer Zuschauer verloren.

Die Sendung wurde Anfang 1969 als Kontrastprogramm zur englischsprachigen Musik aus der Taufe gehoben. Ihr erster Präsentator wurde zur Legende: Dieter Thomas Heck, geliebt und gehasst zugleich. Angebetet von vielen, die des Englischen nicht mächtig waren und denen obendrein die Zeichensprache des angloamerikanischen Pop stets fremd blieb. Und gehasst von jenen, die in dem ehemaligen Gebrauchtwagenhändler rasende deutsche Miefigkeit entdeckten und seinen bellend-agitatorischen Stil für schlecht glamourierten Kasernenhofsound hielten.

Nachdem Heck 1984 nach dem Siegeszug der Neuen Deutschen Welle resigniert aufhörte und sein Nachfolger Victor Worms – heute ZDF-Unterhaltungschef – nicht talentiert genug schien, um ein eigenes Erbe zu begründen, wurde Hübner angeheuert. Keine gute Idee, wie er heute einräumt: „Wenn ich gewusst hätte, wie erfolgreich RTL mal wird, wäre ich nie zum ZDF gegangen.“

Zudem waren die Zeiten für den so genannten deutschen Schlager nicht mehr so gut. Zwar haben Gruppen wie Pur oder Entertainer wie Stefan Raab zu Beginn ihrer Karriere bei Hübners Hitparade Station gemacht. Am Ende blieben ihm indes nur die unvermeidliche Nicole oder B-Sänger wie Bernhard Brink oder G. G. Anderson, die nun unumwunden über den Verlust einer prominenten Sendefläche für ihre Liedchen trauern. Ohne die ZDF-Hitparade verlieren sie eine wichtige Plattform, um sich für Auftritte bei Betriebsfesten oder bei einer Kirmes zu empfehlen, weil ihre Plattenverkäufe zu kaufmännischer Irrelevanz neigen.

Litt Hübner also unter dem galoppierenden Interesseschwund am deutschsprachigen Schlagerliedgut, so tat er das Seine, um seiner wichtigsten Sendung den Garaus zu machen: Anders als Heck wurde der Mann mit dem Ziegenbart nie gehasst, aber auch nie geliebt. Er wirkte für solche emotionalen Aufwallungen stets zu blass. Zumal sein persönlicher Musikgeschmack ohnehin nicht bei der Sorte Musik zu verorten ist, die er zu präsentieren hat. Heck glaubte man die Inbrunst, mit der er Cindy & Bert ansagte, Hübner hingegen trat immer auf wie einer, der lieber Whitney Houston aus der Kulisse holen würde.

Insofern wirkte Hübner, immer freundlich und freundlicher, wie ein lebendes Dementi auf den deutschen Schlager, was er nicht einmal durch ironische Einsprengsel abzufedern wusste. Zudem tat er sich als „Ideologe“ (Musikmanager Hans R. Beierlein) hervor: Heck wollte immer den deutschen Schlager, Hübner den seiner Meinung nach besseren deutschen Schlager: So viel Geschmackskritik mag kein Publikum.

Uwe Hübner, 39 Jahre alt, aber viel jünger wirkend, wird 2001 zwei ZDF-Shows zu moderieren bekommen. Da bleibt viel Zeit, um seinen karitativen Selbstverpflichtungen beim Deutschen Roten Kreuz nachzukommen. Wenn er diese Dinge künftig weniger lärmend ankündigen würde, wäre ihm in einem nächsten Showmasterleben auch die Liebe und der Hass vieler gewiss. JAN FEDDERSEN