Adel ohne Sockel

Ein Jahr ist es her, da erschien ein überaus seltsames Buch: Querformat, feuerroter Einband, zwei Kilo Gewicht, zweitausend Fotos. „Mamarazza“, so hieß der Bildband (Göttingen 1999, Steidl Verlag, 198 Mark), bietet einen Querschnitt aus dem gigantischen Fotobestand von Marianne Fürstin Sayn-Wittgenstein-Sayn. Auf 240 Seiten hat die Ururururenkelin von Kaiserin Maria Theresia nicht nur das Leben ihrer Familie seit 1950 dokumentiert, sondern auch die Ereignisse des Gesellschaftslebens.

Der Reiz der fürstlichen Aufnahmen liegt nicht so sehr im Bildaufbau oder einer perfekten Technik als vielmehr im ungezwungenen Blick. Knipsen als demokratisches Medium: Hier gibt es Fotos der späteren Königin Beatrix mit Pocketkamera in der Hand, Maria Callas beim Tauchgang mit ihrem Pudel oder Bildlegenden wie diese: „Lord und Lady Astor kommen zum Mittagessen. Alle mussten vorher den Salon putzen und das Parkett bohnern.“ Hochadel ohne Sockel.

Pünktlich an ihrem 81. Geburtstag eröffnete die Fürstin am vergangenen Samstag ihre erste Fotoausstellung. Beate Wedekind, früher Chefredakteurin der Bunte, zeigt in ihrer Galerie „Photographien 1938 bis 1968“, also Aufnahmen aus der Zeit, bevor 1975 die späte Karriere der Fürstin als Societyfotografin für Illustrierte wie Bunte oder Town & Country begann. Weggefallen sind damit vor allem abertausende von Schnappschüssen des internationalen Jetset.

Die Ausstellung in der Galerie PictureShow, Oranienburger Straße 27, Berlin Mitte, ist noch bis zum 11. Februar zu sehen. Geöffnet ist sie dienstags bis sonntags von 14 bis 21 Uhr. RKR