Der lange Weg in die Mitte

In den zwei Jahrzehnten seines Bestehend hat der Landesverband des BUND sich aus der isolierten Opposition zum bedeutenden Umweltlobbyisten entwickelt. Doch die Umweltschützer haben ein Image-Problem: Kids stehen nicht auf „Öko“

Interview LARS KLAASSEN

Der Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Berlin ist 20 Jahre alt geworden. 1980 hatten die ersten Aktivisten als Schutzbund gegen Umweltgefahren in Hinterzimmern zu wirken begonnen. Heute ist der BUND mit 12.000 Mitgliedern er größte Umweltverband der Hauptstadt. In 20 Arbeitsgruppen engagieren sich rund 200 Aktive zu unterschiedlichen Themen. Der Landesvorsitzende Harald Kächele zieht Bilanz über zwei Jahrzehnte Umweltarbeit und die derzeitige Situation des BUND.

taz: Der Berliner Landesverband des BUND hat soeben sein 20-jähriges Bestehen gefeiert. Inwiefern hat sich Umweltarbeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert?

Zum einen hat sich das gesellschaftliche Bewusstsein für unsere Ziele drastisch verändert. Die Akzeptanz, auf die unsere Arbeit heute stößt, war seinerzeit noch gar nicht vorhanden. Umweltaktivisten waren damals noch als Spinner verschrien. Das hatte zur Folge, dass unsere Tätigkeit in viel stärkerem Maße als heute auf provokative Aktionen gebaut hat, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Mittlerweile sind wir voll und ganz in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Was heißt das für die Arbeit des BUND im Jahr 2000?

Wir sind heute keineswegs mehr die einzige Institution, die mit umweltpolitischem und ökologischen Know-how aufwarten kann. Deshalb musste unsere Rolle neu definiert werden. Es geht nicht mehr ausschließlich darum, alles selber zu initiieren. Der BUND ist mittlerweile auch in der Position eines Vermittlers, eines unserer Ziele ist der Aufbau von Netzwerken. Als Lobbyisten für Umwelt und Natur suchen wir unter anderem Kontakt mit Forschungseinrichtungen, Umweltministerien oder dem Umweltbundesamt. Aber der BUND arbeitet trotzdem noch an konkreten inhaltlichen Projekten. Selbstverständlich, dabei hat sich allerdings die Palette erweitert: Wir setzen uns zum Beispiel für die Markteinführung der Brennstoffzelle ein und leiten ein Energie-Contracting mit den Berliner Krankenhäusern in die Wege. Solchen Projekte kann man nicht mit klassischen Protestformen umsetzen, dazu gehört auch politische Arbeit in diversen Gremien und Hinterzimmern.

In welcher Weise arbeitet Ihr Landesverband mit der Grünen Liga und dem Naturschutzbund zusammen, die ja in den neuen Bundesländern eine breitere Basis haben?

Die Orts- und Kreisgruppen haben ohnehin in der Umweltarbeit einen regen Austausch. Und auch auf der Landesebene koordinieren wir uns: Alle sechs Wochen treffen sich die Geschäftsführer unserer Verbände, um sich auszutauschen. Die Mobilisierung gegen den Transrapid haben wir ebenfalls gemeinsam in Angriff genommen. Andererseits schadet es nicht, mehrere Akteure mit am Tisch zu haben, wenn mit Dritten verhandelt wird. Außerdem belebt die Konkurrenz das Geschäft, auch in der Umweltarbeit ist Wettbewerb anregend.

Der Mitgliedernachwuchs könnte aber noch etwas Belebung gebrauchen.

Die allgemeine Entwicklung unserer Mitgliederzahlen ist ja positiv. Wenn heute ein 25-Jähriger zum BUND stößt, würde ich den auch schon als Nachwuchs bezeichnen. Was allerdings stimmt: Wir schaffen es nicht, in dem Maße Jugendliche an uns zu binden, wie wir es uns wünschen. Da haben sich aber allgemein die Zeiten geändert. Anfang der 80er-Jahre war ein breiter Teil der Jugend politisch aktiver. Es war einfach angesagt, links und alternativ zu sein.

Hat der BUND, so wie andere alternativ-ökologische Projekte, nicht auch ein Image-Problem gegenüber Jugendlichen?

Ja, das auch. Wobei dieses Image nicht der Realität entspricht. Wir sind ja nicht die verbiesterten, spaßfeindlichen Totalverweigerer, wie mancher gerne glauben möchte. Im Gegenteil: Wenn Umweltarbeit keinen Spaß macht, sollte man es gleich bleiben lassen. Neben dem negativ behafteten „Öko“-Image schreckt viele Jugendliche aber auch ganz allgemein die Mitgliedschaft in einem Verein – egal welcher Art. Das riecht schon so nach Versammlungen, Protokollführern und jeder Menge Pflichten.

Wie kann der BUND aus dieser Image-Falle ausbrechen?

Wir müssen deutlicher machen, dass es ganz einfach auch Spaß machen kann, bei uns mitzumachen. Man kann versuchen jenseits der klassischen Strukturen Menschen zu begeistern, zum Beispiel mit knackigen Einzelaktionen. Außerdem setzen wir verstärkt auf Fördermitgliedschaften. Wer will, kann den BUND finanziell unterstützen, ohne selbst ständig aktiv mitzuarbeiten. So können wir die Kosten für hauptamtliche Mitarbeiter decken, die in der Umweltarbeit in den vergangenen 20 Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Darüber hinaus müssen wir aber auch unser Profil schärfen, damit unsere Arbeit auch für Jugendliche deutlicher erkennbar wird. Daran arbeiten wir derzeit.