zahl der woche: 40 Prozent
: Die EU reduziert ihre Fangquoten für Meeresfische

Verspätete Gnade für den Kabeljau

Der britische Sender BBC schlug gestern Alarm: Der „einzigartige Beitrag des Vereinigten Königreichs zur Welt-Cuisine“, Fish and Chips, sei bedroht: Denn der „traditionelle Partner“ der Pommes frites, der Kabeljau, ist inzwischen fast ausgerottet. Nach einer Nachtsitzung erkannten gestern nun auch die EU-Fischereiminister in Brüssel an, worauf Umweltschützer seit langem hinweisen. Die Bestände von Meeresfischen wie Kabeljau, Seehecht und Wittling sind so stark überfischt, dass die Fangquoten drastisch reduziert wurden.

Für Kabeljau wurde die erlaubte Fangmenge gleich um 40 Prozent gesenkt. Die deutschen Fischer dürfen im nächsten Jahr vor Grönland nur noch etwa 1.600 Tonnen Kabeljau aus dem Meer ziehen – kleine Fische, verglichen mit den mehr als 25.000 Tonnen, die bisher erlaubt waren. „Eine Verknappung kann auch ein höheres Einkommen bedeuten“, versuchte Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke die 30.000 Beschäftigten in der deutschen Fischwirtschaft zu trösten.

Den Fischern beizubringen, nicht die Meere leer zu fischen, von denen sie leben, ist ein harter Job. Besonders die englischen und irischen Trawlerbesatzungen sind gegen die Restriktionen aus Brüssel auf die Barrikaden gegangen. Ihre Lobby hat darauf hingewiesen, dass striktere Quoten die Fischindustrie in ihrer Existenz gefährden könnte. Dabei ist es nach Untersuchungen des Umweltverbands WWF für den Kabeljau im Atlantik vielleicht schon zu spät. Neben der rücksichtslosen Ausbeutung, die inzwischen nur noch halb so viele Tiere übrig gelassen hat, wie für das Überleben der Spezies eigentlich nötig sind, macht den Beständen laut WWF-Untersuchung auch die Erwärmung und Verschmutzung des Meerwassers zu schaffen. Inzwischen gibt es nur noch halb so viele Jungtiere wie 1960, und etwa in der Irischen See schaffen es die Fischer schon gar nicht mehr, ihre Fangquoten auszufüllen. Auch eine Studie des Komitees zur Meeresforschung (ICES) kommt zu der Erkenntnis, dass der Bestand an Kabeljau in der Nordsee inzwischen „außerhalb der sicheren biologischen Grenzen“ liegt. Umweltschützer fordern große Zonen, in denen die Jagd auf den Fisch ganz verboten wird, bis sich die Bestände erholt haben. Solche Rettungspläne seien mittelfristig auch im Interesse der Fischer, betont der WWF. „Kein Frosch trinkt den Teich leer, in dem er sitzt.“

BERNHARD PÖTTER

www.ices.dk