Ein Kriterium für Investoren

Ökologische Ratings können dem Anleger einiges über die Umweltrelevanz eines Unternehmens sagen. Für das Rating wird öffentliches und nicht öffentliches Material genutzt. Auch die zu bewertenden Firmen selbst werden befragt

In Fragebogenaktionen werden die Gesellschaften von den Rating-Agenturen auf Herz und Nieren beleuchtet

Wer in ökologische Aktien anlegen will, fragt sich: Wie „ökologisch“ sind die einzelnen Unternehmen tatsächlich? Manche sind in Giftmüllskandale verwickelt, von anderen Aktiengesellschaften gibt es Informationen über einen laxen Umgang mit Umweltvorschriften. Dagegen stellen einige Firmen Produkte her, von denen nur behauptet wird, sie seien ökologisch. Kann man als einzelner Anleger auf verlässlicher Basis entscheiden, in welches Unternehmen wegen seiner ökologischen Ausrichtung investiert wird?

Wer auf eigene Faust versucht, ökologische Unternehmen von weniger ökologischen Gesellschaften zu unterscheiden, stößt schnell an Grenzen. Denn der Aufwand ist groß. Die Unternehmen müssen nach einer Vielzahl von ökologischen – und oft auch nach sozialen und kulturellen Kriterien – beurteilt werden. Zwar gibt es dafür teilweise recht ergiebige Informationsquellen, beispielsweise die Geschäftsberichte der Gesellschaften. Darin findet man zumindest Anhaltspunkte für umweltrelevantes Verhalten. Doch eine solche Untersuchung erfordert Zeit. Und man hat es oft mit hochkomplexer Technik zu tun: Wie aber beurteilen, ob die von einer Firma eingebaute Filteranlage wirklich letzter Stand der Technik ist oder nur als Alibi dient?

Diese Fragen versuchen Rating-Agenturen zu beantworten, die Unternehmen nach ethisch-ökologischen Kriterien untersuchen und beurteilen. Historischer Ausgangspunkt des Ratings war Ende der Sechzigerjahre der Wunsch von Geldanlegern, nicht in Waffengeschäfte für den Vietnamkrieg involviert zu sein. Daraus entwickelte sich mit „The Council on Economic Priorities“ 1969 die erste Rating-Agentur, der im angelsächsischen Raum bald das „Interfaith Center on Corporate Responsibility“ folgte. In Deutschland gründeten sich beispielsweise die Münchner Ökom Research (www.oekom-research.de) und Südwind in Siegburg. Für das Rating wird auf öffentlich zugängliches Material der Unternehmen ebenso zurückgegriffen wie auf spezielle Befragungen der Aktiengesellschaften. In diesen Fragebogenaktionen werden die Gesellschaften von den Rating-Agenturen auf Herz und Nieren anhand ökologischer Kriterien beleuchtet.

Die zu Grunde gelegten Kriterienkataloge lassen sich in zwei Arten unterscheiden: Zum einen werden die Anlagemöglichkeiten anhand eines Negativkatalogs beurteilt, wobei bestimmte Bereiche wie beispielsweise Rüstungsproduktion, Kernkraft, Pornografie, Tierversuche, Suchtmittel oder Glücksspiel vom Unternehmen nicht berührt werden dürfen, will es sich nicht disqualifizieren. Genauer wird es, wenn zusätzlich verantwortungsbewusstes Agieren der Unternehmen auf bestimmten Gebieten in einem Positivkatalog gefordert wird. Positive Auswahlkriterien können beispielsweise soziales Engagement oder das Eintreten für Umweltschutz und die Menschenrechte sein.

Um nicht nur auf die Unternehmensangaben angewiesen zu sein, werden die Ergebnisse des beantworteten Fragebogens von den Rating-Agenturen mit Hintergrundinformationen aus Fachzeitschriften, Literatur und dem eigenen, oft langjährigen Erfahrungsschatz ergänzt. Die Agenturen kommen dann zu einer ökologischen Bewertung und Einstufung des Unternehmens. Häufig wird ein Vergleich mit den Konkurrenzunternehmen der jeweiligen Branche vorgenommen.

Wichtig zu wissen ist, dass das Ergebnis des Ratings besonders davon abhängt, welche Kriterien dafür herangezogen werden. Sinnvoll ist es daher, sich nicht nur das Endergebnis eines solchen Ratings anzuschauen, sondern genau die verwendeten Kriterien zu beachten.

Denn die sollten schließlich dem entsprechen, worauf man selbst Wert legt. Und was als wichtiger Gesichtspunkt erachtet wird, darüber können die Meinungen von Anleger zu Anleger weit auseinander gehen.

Als Ausgangspunkt für Überlegungen, welche Kriterien denn wichtig sein könnten, wurde von Wissenschaftlern der Universitäten Hohenheim und Frankfurt der so genannte Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden entwickelt, der einen umfassenden Überblick gibt über mögliche ethische und ökologische Kriterien für die Bewertung von Unternehmen (J. Hoffmann, K. Ott & G. Scherhorn, „Ethische Kriterien für die Bewertung von Unternehmen: Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden“, IKO-Verlag, 1997, 59,80 Mark). Ökologische Ratings können teuer sein, für Einzelstudien fallen teilweise Kosten im fünf- und sechsstelligen DM-Bereich an. Doch gibt es die Ratings preisgünstig oft auch zusammengefasst in Buchform (R. Haßler & M. Deml „Öko-Rating: Unternehmen im Umweltcheck“, Ökom-Verlag, 1998, 39,80 Mark). Interessierte Anleger können sich direkt an die Rating-Agenturen wenden. Auf jeden Fall sollte man auch bei seiner Hausbank nach solchen Ratings fragen. Ein gutes Kreditinstitut kann Anlegern dazu Informationen beschaffen. Damit kann man seiner Bank und Sparkasse signalisieren, dass von Anlegerseite Interesse an ökologischer Geldanlage besteht – und damit dazu beitragen, dass Kreditinstitute die Marktchancen der ökologischen Geldanlage erkennen und Kunden verstärkt in diese Richtung beraten. PETER GRIEBLE