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■ Laurel Aitken, der mutmaßliche Erfinder des Ska, verwandelte in der Kesselhalle Hunderte von Menschen in hüpfende Jojos

In Würde altern und markante Faltenbildungen entwickeln können viele, von Mick Jagger über Johnny Cash bis Iggy Pop. Aber in Würde jung bleiben kann am besten Laurel Aitken. Sieht er auf Fotos meist ziemlich rumpelstilzchenhaft schmächtig aus, so wirkt er auf der Bühne wie frisch dem Bodybuildingcenter entsprungen. Vor dem Bizeps des 74-jährigen würde sich wohl mancher Twen wegducken. Und die Erkältung, für die sich Aitken anfangs entschuldigt, nimmt man ihm fast nicht ab. Wahrscheinlich muss man in 20 Jahren noch nicht Sorge tragen, ihn ein allerletztes Mal zu erleben. Notorisch gute Laune macht offenbar stark und gesund wie ein Müsliriegel. Vielleicht tut es Aitken ja seinen angeblich heißesten Verehrern, den müllfahrerbreiten Skins, nach, bei denen Aitken immer besonderen Wert darauf legt zu behaupten, dass er sie lieb habe.

Ska-Konzerte sollen ja vor allem durch eine unausgewogene Verteilung von Haarmasse auffallen, hier Skins, dort Dreadlocks. Aber die Zeiten sind scheinbar vorbei. Heute ist die einzige Voraussetzung, die man für Laurel Aitken mitbringen muss, eine absolut unumstößliches sonniges Gemüt. Keine Ballade und kein Mollakkord trüben das Konzert. Und eigentlich wundert man sich, wie es möglich ist, ein- und denselben Rhythmus und ein- und dasselbe Tempo stundenlang auszuhalten. Aber es ist möglich. Und weil alles bis zu den deftigen Bläsersätzen so formalisiert ist, braucht Aitken auch keine eigene Band. Es zeugt wohl von einem offenen Gemüt, dass er für seine aktuelle Tour junge, blasse Menschen aus der Universitätsstadt Tübingen erwählt hat. Diese Court Jester's Crew bemüht sich deutlich angestrengter als Aitken ums Spaßhaben, unter anderem mittels skigymnastikfähigem Hüpfen à la Thomas D. Sie macht aber ihre Arbeit solide, und mehr ist hier auch nicht gefragt.

Heutzutage gibt es zwar durchaus interessantere, variantenreichere Ska-Musik als die Aitkens, aber es ist wohl das Lebenswerk und der Mythos des Alten, was die BesucherInnen mit unausgesetztem Schunkeln und Springen belohnen. Aitken streitet ja manchmal ab, dass er in den 50ern den Ska erfunden hätte, denn schließlich sei Ska nichts anderes als Reggae in dreifachem Tempo. Doch gewiss ist er der Erfinder des Perpetuum mobile. In der Kesselhalle bestand es aus vielen hundert Fans. Gelassen bleibt nur Aitken selbst. bk