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■ In Deutschland werden Jahr für Jahr Milliardensummen vererbt. Die Handelskammer und Innensenator Schulte werben jetzt dafür, dass mehr Geld in Stiftungen angelegt wird

Luise und Waldemar Koch hatten keine Kinder. Deshalb hat das Autohändlerehepaar sein Andenken anders bewahrt. Am 27. März 1963 gründeten sie die Waldemar-Koch-Stiftung, in die nach dem Tod von Waldemar (1981) und Luise Koch (1989) das gesamte Vermögen der beiden floss. Ohne diese Stiftung würde das Wasser im Marcusbrunnen im Bürgerpark wohl nicht sprudeln, ohne sie wäre manche Theaterinszenierung nicht so opulent ausgestattet, und ohne sie hätten weniger Kriegsflüchtlinge in Bosnien ein neues Haus gefunden.

Die Waldemar-Koch-Stiftung ist eine von 167 gemeinnützigen Stiftungen in Bremen. Sie gewähren StudentInnen Stipendien, finanzieren Häuser für Bedürftige, fördern die Martini-Kirche, bezahlen Hilfsmaßnahmen für Blinde oder unterstützen politisch Verfolgte. Die Waldemar-Koch-Stiftung liegt mit ihrem Gründungsdatum im Mittelfeld. Die älteste aller Bremer Stiftungen, die Stiftung Haus Seefahrt, wurde schon am 19. März 1545 gegründet, um Not leidenden Seeleuten und ihren Familien zu helfen und dazu das berühmte Schaffermahl auszurichten. Doch trotz dieser langen Tradition kam das Stiftungswesen erst im 20. Jahrhundert und dabei vor allem in den 90er Jahren buchstäblich in Mode: Zwischen 1990 und heute wuchs die Zahl der Stiftungen von 110 um mehr als die Hälfte an.

Der Innen-, Kultur- und Sportsenator Bernt Schulte (CDU) und der Präses der Handelskammer Bernd Hockemeyer wollen, dass es noch mehr werden – am besten viel mehr. Deshalb haben sie gestern eine „Stiftungsinitiative“ gestartet. Eine Telefonhotline, eine Broschüre und Hearings sind die ersten Ergebnisse und Pläne. Außerdem veröffentlicht die Stiftungsbehörde des Innenressorts, die die Gemeinnützigkeit von Stiftungen prüft, seit Sommer eine Liste mit Bremer Stiftungen (www.bremen.de/info/innensen/Stiftungen/Index.htm).

Das Stiftungswesen hat nicht nur unter Bremer PolikerInnen Fans. Auch die rot-grüne Bundesregierung will, dass ein möglichst großer Teil des immensen Privatvermögens durch Stiftungen gemeinnützig in den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Soziales, Natur- und Denkmalschutz investiert wird.

Nach veröffentlichten, stark voneinander abweichenden Schätzungen werden in der Bundesrepublik zwischen 250 und knapp 500 Milliarden Mark jährlich vererbt (zum Vergleich: Bremens Haushalt liegt bei knapp acht Milliarden Mark). Seit Sommer sind Zustiftungen und Spenden an Stiftungen stärker abzugsfähig. Weitere Steuererleichterungen für Stiftungen sind zugleich geplant und umstritten. Nach Hockemeyers Kenntnissen befürchten die FinanzministerInnen dadurch Einnahmeverluste von drei Milliarden Mark.

Doch schon das geltende Recht berührt einen Konflikt zwischen staatlichen und privaten Aufgaben. Während Hockemeyer bei jeder Diskussion über das Kultursponsoring betont, dass sich der Staat nicht von seinen Pflichten verabschieden dürfe, sieht er's beim Stiften gelassener. Da appelliert er an Bürgersinn oder an Verantwortung für das Gemeinwohl und zieht US-amerikanische Verhältnisse zum Vergleich heran: 95 Prozent der Kulturausgaben kämen da aus privater Hand, in Deutschland seien es nur fünf Prozent.

Den privaten Anteil wollen Schulte und Hockemeyer nun in Bremen steigern. Doch die Debatte darum, ob der Staat mit seinen viel beschworenen „leeren Kassen“ zugleich seinen Zuschuss kürzen kann, hat auch in der Hansestadt schon begonnen: Das inzwischen selbst als Stiftung organisierte Focke-Museum soll nach dem Willen der Controlling-Gesellschaft kmb auch die Einnahmen durch den Förderkreis offen legen. So ist es zwar gewünscht, aber nicht immer leicht, Gönner zu haben. ck

Kontakt bei der Stiftungsbehörde beim Senator für Inneres unter Tel.: 361 90 47 und bei der Handelskammer unter Tel.: 36 37 204