Da schämen sich sogar die Grünen

■ „Peinlich“, „übel“, ein „Skandal“: Die grüne Fraktionschefin Karoline Linnert nimmt die Koalitionskompromisse auseinander

„Faule Kompromisse“ lautet das Urteil von Karoline Linnert, Vorsitzende der grünen Bürgerschaftsfraktion, über das Koalitionsgespräch vom Freitag und seine Ergebnisse – nach Meinung der Grünen „Beschlüsse, die der Öffentlichkeit Harmonie vorgaukeln“.

Einen „Skandal“ findet Linnert, wie das Gezerre um die Geschäftsführerposten der beiden Gesellschaften Arbeit Bremen GmbH und Arbeit Bremerhaven GmbH, die künftig die Vergabe von Arbeitsfördermitteln abwickeln sollen, nun geklärt wurde: Ein Roter für Bremerhaven, ein Schwarzer für Bremen. Es sei Sache der Exekutive, Stellen zu besetzen, und zwar nach Qualifikation, nicht nach Parteibuch, erklärt Linnert. Die jetzige Einigung sei „ein Rückfall in alte Sitten der SPD-Alleinregierung“. Linnert weiter: „Die Parteien machen sich den Staat zu Beute. Äußerst peinlich.“

Dann die Sache mit den Professorengehältern. Sie gelten künftig als Investitionen und werden aus dem Investitionssonderprogramm bezahlt werden, würden sie doch sonst unter die verhassten konsumtiven Mittel fallen, die saftig gekürzt werden sollen. Das sei ein „Finanztrick“, sagt die Grüne. „Damit wird der Haushalt geschönt und anderen Ländern wird eine höhere Investitionsquote vorgegaukelt.

„Schlimm“ findet Karoline Linnert das Aufschieben der Finanzierungsprobleme im sozialen Wohnungsbau auf 2001. Für die Wohnungsbaugesellschaften mit vielen Sozialwohnungen sei das „eine katastrophale Entscheidung“. Angesichts der Schwierigkeiten, solche Wohnungen zu vermieten, werde die Stimmung weiter aufgeheizt. Linnerts Befürchtung: „Das wird die Ärmsten treffen.“

Nächstes Thema: die Kulturverwaltung. Der Kompromiss, angesichts des Streits zwischen CDU und SPD über Kompetenzen der Controlling-Gesellschaft kmb, den kmb-Geschäftsführer einfach zum Behördenmitarbeiter zu machen, der sich seine eigenen Ideen bewillige, sei „der faulste Kompromiss von allem“. Das Hauptproblem der Kulturschaffenden, räsonniert die grüne Politikerin, sei vielleicht gar nicht das Geld, sondern „dass sie so schlecht regiert werden“. Einerseits sollen diese Menschen die Stadt gut darstellen, andererseits serviere man ihnen „einen Schwachsinn nach dem anderen.“ Linnert: „Da kann man sich sogar als Opposition für schämen.“

Über die Personalie Datenschutzbeauftragter hatte sich der Datenschutzausschuss bereits geeinigt: Der bisherige Stellvertreter Sven Holst sollte es werden. Der oberste Datenschützer wird vom Parlament gewählt. Es sei gute Sitte, so Karoline Linnert, dass dies im Einvernehmen mit allen Fraktionen geschehe; die Einigung im Ausschuss hätte das auch möglich gemacht. Dass jetzt der SPD-Staatsrat Ulrich Mäurer mit der CDU über die Personalie verhandeln soll, sei „ganz übler Stil“ und zeuge von „mangelndem Gefühl für die politischen Spielregeln.“

Schließlich das Polizeigesetz: Statt „expliziter Regelung“ des Todesschusses soll nun eine „verfassungsrechtlich einwandfreie Formulierung“ Polizisten in einem solchen Fall Rechtssicherheit geben. „Wie soll denn das gehen“, fragt Karoline Linnert. Ihrer Meinung nach lässt sich dieser Kompromiss nicht in einen Gesetzestext überführen, werde aber so verkauft.

Das Resümee der Oppositionsfrau über den Koalitionsauftritt: „Scherf, der große Moderator, hat die Sache nicht mehr so im Griff, wie er gerne möchte.“ Ihre Hoffnung: „Vielleicht bedeutet das ja ein Erstarken des Parlaments“. sgi