Doch „zitierfähige“ Rechte in Bremen

■ Der inzwischen dritte Senatsbericht zu Rechtsextremismus in Bremen liegt vor: Immer mehr rechtsextreme Straftaten werden registriert, trotzdem glaubt man sich auf dem „richtigen Weg“

Im August sprach Bürgermeister Henning Scherf (SPD) noch von „nicht zitierfähigen“ rechtsextremen Gruppen in Bremen. Inzwischen liegt der neue Bericht des Senats über „Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Lande Bremen“ vor – und beweist das Gegenteil. Zwar stehe Bremen im Vergleich zu anderen Bundesländern gut da, schließlich wurden hier die wenigsten rechtsextremen Gewalttaten je 100.000 Einwohner registriert. Dennoch gebe es laut Verfassungs-schutz auch hier „Personen und Gruppen mit neonazistischer Aurichtung, deren Gewaltbereitschaft nicht anzuzweifeln ist“, heißt es dort.

Dafür sprechen auch die Zahlen, die Anselm Dworak vom Sozialressort und Autor des nunmehr dritten Berichts zum Rechtsextremismus gestern vorlegte: Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund oder Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund in Bremen sind in den letzten Jahren nur leicht aber dennoch stetig angestiegen. Zwar ist Bremen immer noch vom bisherigen Höchstand im Jahre 1993 weit entfernt. Aber allein die Zahl der rechtsextremen Taten hat sich von 1999 auf 2000 – hochgerechnet bis Ende dieses Jahres – mit rund hundert Vorfällen fast verdoppelt. Auch die Wählerstimmen für rechtsextreme Parteien haben in den vergangenen Jahren zugenommen.

Laut Dworak entspricht dieser Anstieg einer „Tendenz, die überall in Deutschland festzustellen ist“. Dass nämlich zum einen rechtsextreme Straftaten immer häufiger bei der Polizei angezeigt werden. Und zum anderen, dass „als Folge des medialen Auftriebs“ tatsächlich mehr Folgetaten verübt werden.

Trotzdem: Im Bundesvergleich sind die Zahlen für Bremen „immer noch bescheiden“, konstatiert Dworak. An Straftaten registriert wurde hier in den meisten Fällen das Zeigen des Hitlergrußes und das Tragen von verfassungsfeindlichen Abzeichen. Noch in keinem Jahr sei ein Tötungsdelikt oder ein Brandanschlag verzeichnet worden. „Aber es ist nicht auszuschließen, dass das passiert“. Beleg dafür sei zum Beispiel der von der Kripo und Staatsanwaltschaft gerade noch vereitelte Sprengstoffanschlag des zur Kameradschaft Nord gehörenden Falk L. auf ein Asylbewerberheim (wir berichteten).

„Dass es im Lande Bremen besser aussieht als anderswo, heißt nicht, dass es hier schon gut aussieht“, erklärt auch Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) zum Lagebericht: Denn das Thema Fremdenfeindlichkeit sei von den rechten Rändern immer mehr in die Mitte der Gesellschaft gerückt.

Mit einem gut 30 Seiten dicken Katalog an Präventivmaßnahmen für Schulen, Freizeitgruppen, Stadtteile will das Land deshalb weiter gegen Rechts vorgehen. Quer durch alle Senatsressorts sollen Projekte unterstützt werden, die gerade bei gefährdeten Jugendlichen das soziale Umfeld, berufliche Chancen und die Werte-Erziehung verbessern wollen, um so Anfälligkeiten für rechte Parolen zu verhindern. „Sonst geht da schnell eine Karriere los, die aus den besten Familien kommt, und im Rechtsextremismus endet“, meint auch Dworak.

Gegenmaßnahmen sind beispielsweise ganz unscheinbare Konzepte wie das Konfliktschlichtungs-Training in allen Bremer Schulen. „Da kann man lernen Konflikte zu lösen, ohne Gewalt anzuwenden“, betont Adolf. Zu den künftigen Leitlinien des Landes gehört auch, dass Bremens PolitikerInnen öffentlich unmissverständlich Position beziehen sollten.

Klar sei allerdings auch, dass der Senat mit seinem Sparkurs im Jugendbereich vorsichtig sein muss: Kürzungen dürften nicht zu „Rücknahmen von politischen und konzeptionellen Engagements gegen Rechtsextremismus“ führen. Dazu hat sich der Bremer Senat in diesem Bericht verpflichtet, erklärt Adolf. Und dieses Statement werde im „Kampf um Haushaltsmittel“ eine wichtige Rolle spielen. pipe