Unter einem guten Stern

Wassernixe und Handballpunk finden eine Herberge – eine Weihnachtsgeschichte

Und es begab sich, dass zwei einfache Menschen aus dem Volk sich auf den Weg machten, das Glück zu suchen: ein junges, unschuldiges Mädel, das nichts mehr liebte, als im Wasser zu planschen, und ein kräftiger Bub, der wie kein Zweiter im Lande es verstand, mit kohlkopfgroßen Bällen um sich zu werfen.

Kaum hatten die beiden sich ihre Liebe gestanden, erschien ein Stern über ihren turtelnden Häuptern, und die Verliebten folgten fortan dem Stern und vergaßen die Welt um sich herum, und es sollte ihr Schaden nicht sein. Denn die Welt um sie herum vergaß sie keineswegs, dafür sorgte der Stern, denn jener war der Verkünder ihres unendlichen, irdischen Glücks. Und so ergriff der Stern das Wort und sprach: „Ich habe euch aus tausenden von jungen, verliebten Menschenkindern auserwählt. Fortan sollt ihr aber Wassernixe und Handballpunk heißen, so wahr ich euer Schöpfer und Vermarkter bin.“ Vor Freude ließ sich Handballpunk ein Bild von Wassernixe auf die Wade tätowieren.

Nun begab es sich aber, dass in einer kalten, klaren Nacht der Stern über einer ärmlichen Hütte aus Wellblech stehen blieb und Handballpunk und Wassernixe innehielten. „Ein Container!“, jubelte Wassernixe, und Handballpunk geleitete sie zur Tür der Herberge, in der eine Handvoll bitterlich schmutziger Gesellen seit Monaten in furchtbarem Schmutze hausten. Es herrschte ein gar langweilig und dümmlich Treiben, und doch konnte Wassernixe dem Zauber nicht widerstehen. Denn alle Augen ruhten auf ihr, als ein zotteliges Rind mit Namen Harry sich ihr offenbarte und sie schon sehr abschlabberte ... – plötzlich unterbrach ein unsäglich Gebrumm, Getöse und Gegacker die Geschichte: „Werbepause“. Im Trubel der Lichter gingen viele brennende Fragen unter:

Wird auch Handballpunk der Versuchung des ewigen irdischen Ruhmes erliegen und Wassernixe in die Hütte mit den verlausten Gestalten folgen? War dies gar das Ziel des Sterns? Werden die beiden Liebenden sich gegen den Willen des himmlischen Sterns auflehnen und gegen ihre bescheuerten Namen rebellieren? Oder werden sie sich ihrem Schicksal fügen und schließlich Boris und den Kaiser als Werbeträger übertrumpfen? Wird Handballpunk merken, dass die Schöne auf seiner Wade gar nicht Wassernixe, sondern die Mutter des Tätowierers darstellt? Was wollen die drei Herrscher im Morgenmantel mit den Namen Franz, Udo und Roberto von unserem Paar? Werden die Verliebten sich die Köpfe auspumpen lassen und den Hauptschulabschluss nachholen?

All diese großen Fragen sollten nie beantwortet werden, denn der Verkünder der Weihnachtsgeschichte von der Wassernixe und dem Handballpunk war während der Werbepause in einen gerechten Schlummer gefallen und erst wieder während des nächtlichen Softpornos aufgewacht. Und was er da sah, das hat in einer Weihnachtsgeschichte nichts zu suchen.

JOACHIM FRISCH