Koch ganz eloquent

Auf seinen Auftritt hatte der hessische Untersuchungsausschuss lange gewartet. Doch Ministerpräsident Roland Koch gab sich unwissend

Hessens Ministerpräsident Koch: „Was aufgeklärt ist, ist aufgeklärt.“

aus Wiesbaden HEIDE PLATEN

Saal 119 M im Wiesbadener Landtag. Das Allzweckschild „Hier tagt ein Untersuchungsausschuss“ baumelt an einem dünnen Fädchen vor der Tür.

Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kommt morgens um neun pünktlich wie die Maurer und lässt seine Uhr locker um das Handgelenk kreisen.

Er hat sich als Zeuge im hessischen CDU-Schwarzgeld-Untersuchungsausschuss auf einen langen Tag eingestellt und ist bester Stimmung. Sein Anfangsstatement leitete er gestern früh mit einer Tautologie ein: „Was aufgeklärt ist, ist aufgeklärt.“ Das Fragenkarussell drehte sich auch gestern wieder im Kreis. Seit wann hat der Ministerpräsident von den 2 Millionen Mark Schwarzgeld in der Kasse der Landes-CDU gewusst? Gar nichts vor Dezember 1999! Von den illegalen Konten der Partei in der Schweiz und Liechtenstein? Auch nichts vor Januar 2000.

In der ersten der drei Fragerunden fragte SPD-Obmann Jürgen Walter immer wieder nach. Warum Koch das Geld nach der Entdeckung im Rechenschaftsbericht im Dezember als rückdatiertes Darlehen ausweisen ließ? Warum er darüber bis zum 8. Februar 2000 geschwiegen habe? Koch wählt seine Formulierungen wie immer eloquent. Er habe, sagt er, die öffentliche Diskussion über die Parteifinanzen auf möglichst „niedrigem Niveau“ halten wollen. Und er habe diesen „Fehler“ doch auch eingestanden, sich dafür entschuldigt und „brutalstmögliche Prügel bezogen“: „Gelegentlich habe ich das in diesem Jahr als Rufmordkampagne empfunden.“ Auch dass er das Geld unbekannter Herkunft in der Landesparteikasse nicht haben und zurückzahlen wollte, hatte Koch immer wieder gesagt. Als es dann vom Exschatzmeister Prinz Wittgenstein als Vermächtnisse ungenannt bleiben wollender verstorbener jüdischer Parteifreunde deklariert worden war, habe er diese „seltene und seltsame“ Legende geglaubt, Wittgenstein vertraut.

Das Geld als Darlehen auszuweisen und den Eingang auf 1998 zurückzudatieren, sei Wittgensteins Idee gewesen. Dieses Angebot sei ihm, sagte der Jurist Koch aus, als korrekter, „richtiger und rechtmäßiger“ Ausweg „gerade recht gekommen“. Damit sei der Rechenschaftsbericht bereinigt gewesen. Die „Hinnahme der Rückdatierung als tatsächlichem Ereignis“ habe er damals für nicht so wichtig gehalten: „Das war ein Irrtum.“ Er selbst habe den betagten Prinzen schon vorher loswerden wollen und ihn vorsichtig zur Amtsübergabe gedrängt, um die Schatzmeisterei zu verjüngen und auch Spenderkreise „einer neuen Generation“ ansprechen zu können.

Er habe Wittgenstein aber wegen der angespannten CDU-Finanzlage im Wahlkampf als Spendenakquisiteur nicht verlieren wollen. So lasse sich auch erklären, warum ihm in einem Brief für seine „segensreiche Arbeit“ gedankt habe. Im Übrigen, so Koch, sei dies doch alles in seiner schon im Februar 2000 vorgelegten Chronik der Aufklärung nachzulesen.

Da machte dann Kleinvieh auch Mist. Ob Koch wisse, dass sein eigener Regierungssprecher Dirk Metz mit Schwarzgeld aus der illegalen Barkasse der CDU-Landesgeschäftsstelle Honorar bekommen habe? Nein, kann sein. Ob er wisse, dass die CDU-Fraktionsangestellte und Ehefrau des rheinland-pfälzischen CDU-Spitzenkandidaten Böhr ebenfalls aus diesem Honigtopf entlohnt worden sei? Nein. Aber er wisse inzwischen, dass sowohl Honorare wie Aufwandsentschädigungen auch mit Schwarzgeld bestritten worden seien. Es könne sich aber, vermute er im Nachhinein, nur um geringe Beträge gehandelt haben. Gewusst habe er auch davon nichts.

„Aber Sie sind doch“, fragt ein Abgeordneter, „der Chef vom Ganzen?“ „Und das“, sagt Koch mit Überzeugungskraft, „bleibe ich auch!“