Infektionsrisiko Mensch

■ BSE: Umweltforscher warnen vor Verbot und Verbrennung von Tiermehl

Michael Braungart, der Leiter des Hamburger Umweltforschungsinstituts Epea, muss die Lage wirklich für kritisch halten, sonst hätte er nicht die JournalistInnen „drei Tage vor Weihnachten“ mit einer Pressekonferenz behelligt, wie er mehrfach betont. Um dem Aktionismus in Sachen BSE Einhalt zu gebieten, sieht sich der Professor genötigt, auf drei Dinge hinzuweisen: Erstens sei es nicht sinnvoll, Tiermehl als Futter auf Dauer allgemein zu verbieten. Zweitens sei die BSE-Infektionswelle im wesentlichen vorbei. Deshalb sollte erwogen werden, in die Behandlung infizierter Menschen zu investieren statt in das Tiermehl-Fütterungsverbot. Drittens dürfe Tiermehl nicht ohne besondere Genehmigungsverfahren verbrannt werden. Herkömmliche Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerke seien dafür ungeeignet.

Die europäischen Essgewohnheiten führen Braungart zufolge dazu, dass 85 Prozent der 17,3 Millionen Tonnen jährlich in der EU anfallenden Tierkadaver Schlachtabfälle seien. Ein Schwein werde in Europa nur zu 44 Prozent verspeist, in China dagegen zu 95 Prozent. „Es kann nicht sein, dass mehr als die Hälfte eines Schweins zu Sondermüll wird, nur weil wir bloß Filet fressen“, sagt Braungart. Die EU hat kürzlich verboten, vorerst vom 1. Januar bis zum 30. Juni Tiermehl, mit Ausnahme von Fischmehl zu verzichten.

Braungart meint, auf das Eiweiß in den Fleischresten der nicht von BSE betroffenen Schweine oder Hühner könne die europäische Fleischproduktion nicht verzichten, ohne der Dritten Welt zu schaden. Schon heute importiere Europa mehr Eiweiß als es exportiere.

Braungart und seine KollegInnen relativieren die Bedeutung der Creuzfeld-Jacob-Krankheit (CJK). Weltweit seien erst etwa 100 Fälle bekannt geworden – im Vergleich zu 200 bis 250 Aids-Neuinfektionen jährlich allein in Hamburg.

Wer künftig an CJK erkranke, habe sich längst infiziert. Denn seit dem Verbot Mitte der 90er Jahre, Tiermehl an Vegetarier, wie das Rind zu verfüttern, sei die Zahl der BSE-Fälle stark gesunken. Schlimmstenfalls seien jetzt allerdings Menschen „der Hauptträger der Infektion“, so Professor. Er halte es daher für möglich, dass die USA ein Einreiseverbot für Europäer erlassen. Gernot Knödler