Finale

Heiligabend um halb sechs kündigen Glocken das bevorstehende Match an. Noch eine halbe Stunde bis zur katholischen Messe. Die happy-X-mas-family läuft sich warm. Vater hetzt durchs Haus und sucht seine schwarzen Sonntagsschuhe. Mutter bereitet Salate und Soßen für das klassische Fondue-Essen vor. Die Lo-ckenwickler hängen in ihrer blondierten Kurzhaarfrisur. Bruder ist in seinem Zimmer untergetaucht, um sich mental auf das große Finale vorzubereiten. Ich habe Bammel vor dem Trikot-Check meiner Mutter. „Musst du immer diese gammeligen Second-Hand-Sachen anziehen?“ Dabei hatte ich mir dieses Jahr wirklich Mühe gegeben: schwarze Hose und dunkler Pulli. „Zieh dich doch mal ein bisschen weiblicher an, ich hab da noch so ein Kostüm, das müsste passen.“

Viertel vor sechs: heiße Phase. Das Glockengeläute wird immer penetranter. Vater hat seine Schuhe gefunden. „Agnes, warum sind meine Schuhe nicht geputzt?“ Allgemeines Durcheinander zwischen Lockenwicklerabdrehen und Endstyling. Vater und Bruder sitzen schon im Auto. Der Weg durch das Dorf bis zur Kirche dauert 3 Minuten. Genug Zeit, um die Spieltaktik festzulegen. „Ich suche einen Parkplatz“, sagt Vater, „ihr steigt schon mal an der Ampel aus und sichert einen Platz.“ Eine fatale Fehleinschätzung der Lage, wie wir feststellen müssen, als wir den Aufmarsch der gegnerischen Mannschaften auf dem Kirchplatz sehen. Aber vielleicht schaffen wir es ja noch in der zweiten Halbzeit nach der Kommunion nach vorne zu stürmen. Die Vorstellung auf 90 Minuten Dauerstehen im Parfüm- und Weihrauchnebel ist alles andere als verlockend.

Der Niedriger-Blutdruck-Trick hilft auch hier, eine zehnminütige Frischluftauszeit rettet mich vor dem vorzeitigen K.O. Mit dem Schlusssegen des schwarzgekleideten Mannes kommt die Erlösung. Bis zum nächsten Jahr. „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, denke ich, als wir wieder ins Auto steigen Eva Adam