Wenn man was tut

■ 51-Jährige mischte sich ein und wurde angezeigt. Verfahren nun eingestellt

Wer nichts tut, macht mit, warnt die Polizei. Erst am Mittwoch hatte Polizeipräsident Justus Woydt angekündigt, unter diesem Motto ab Februar erneut zu Zivilcourage aufzufordern. Claudia P. hat sich schon durch die früheren Kampagnen ermuntert gefühlt. Viel hatte die 51jährige mit ihren KollegInnen am Max-Planck-Institut für Meteorologie über rassistische Gewalt und darüber diskutiert, wie man solche verhindern kann. Ende Mai dann beobachtete sie die Misshandlung eines Schwarzen vor ihrem Wohnhaus in Eimsbüttel – und mischte sich mit Zurufen ein. Gestern stand sie dafür vor dem Amtsgericht. Beleidigung, lautete die Anklage. Die damaligen Täter waren Zivilbeamte gewesen.

Das Gericht stellte das Verfahren ein: „Ob Sie jetzt eine Geldstrafe bekommen oder nicht – die Rechtsordnng wird davon nicht tangiert.“ Die damals beteiligten Polizisten aber hatten sich beleidigt gefühlt. Sie waren dabei, den Mann festzunehmen, der beim Dealen ertappt worden sein soll. Die Hände hatten sie ihm bereits auf dem Rücken gefesselt, als Claudia P. auf die Szene aufmerksam wurde. Sie beobachtete aus dem Fenster ihrer Wohnung heraus, wie dem Schwarzen die Beine weggetreten wurden – und er mit dem Kopf auf den Boden schlug, weil er sich mit gefesselten Händen nicht abstützen konnte. Erst als P. die Handschellen sah, erkannte sie, dass die Täter Polizisten waren. Da hatte sie ihnen schon zugerufen: „Lassen Sie den Mann los.“ Laut der Aussage der Beamte soll sie diesen unterstellt haben, den Mann zu misshandeln, „nur weil er schwarz ist“. „Die körperliche Behandlung erschien mir völlig unangemessen“, sagte Claudia P. gestern vor Gericht. Und: „Es gibt für mich keinen Grund, bei einer Misshandlung nach dem Berufsstand zu unterscheiden.“

Mitte November war der gleiche Richter in einem ähnlichen Verfahren nicht bereit gewesen, dieses einzustellen. Da hatte er eine 21-Jährige zu 400 Mark Geldstrafe verurteilt. Sie hatte sich bei der Festnahme eines Afrikaners an der Sternschanze eingemischt, die sie für einen „rassistisch motivierten Überfall von vier Weißen auf einen Schwarzen“ hielt. Elke Spanner