Der ewige Verlierer

Schimon Peres kann im Februar nicht für das Amt des israelischen Ministerpräsidenten kandidieren

Und wieder war am Donnerstagabend dieser verlorene Blick auf dem Gesicht von Schimon Peres. Jener Ausdruck, den man in den vergangenen zwanzig Jahren genauso viele Male beobachten konnte, wie er verlor: gegen Jitzhak Rabin und Ehud Barak innerhalb der Arbeiterpartei, gegen Jitzhak Schamir und Benjamin Netanjahu im Kampf um den Posten des Premierministers, gegen Mosche Katzav im Wettrennen um die Präsidentschaft.

Man darf dem jetzt 77-Jährigen ruhig glauben, dass er nur die besten Absichten hatte bei seinem Versuch, die Nation vor Ariel Scharon zu retten. Die Meretz-Partei hingegen beschloss in letzter Stunde, das Friedenslager nicht in gefährlicher Weise zu spalten und dem „großen alten Mann“ der israelischen Politik ihre Unterstützung zur Kandidatur für den Posten des Ministerpräsidenten am 6. Februar zu verweigern.

Katerstimmung beim „ewigen Verlierer“? Mitnichten. „Menachem Begin verlor die Wahl siebenmal, bevor er 1977 zum ersten Mal gewann“, tröstete sich Peres gestern in einem Radiointerview. „Persönliche Verluste zählen nicht, wenn der Staat Israel gewinnt.“ Er zürne keinem, er werde sich an niemandem rächen. Er werde sich weiter mit all seiner Kraft für das Gelingen des Friedensprozesses einsetzen und mit Ehud Barak kollegial zusammenarbeiten. Die Meretz-Partei hat Barak eindringlich aufgerufen, von Peres’ langjährigen Erfahrungen und besonderen Fähigkeiten Gebrauch zu machen und ihm sowohl im Wahlkampf als auch im Friedensprozess eine einflussreiche Rolle einzuräumen.

Genau das hatte Ehud Barak versäumt, als er nach der Übernahme des Vorsitzes der Arbeiterpartei, vor eineinhalb Jahren Regierungschef wurde. Er ignorierte Peres’ vorzügliche Kontakte zur palästinensischen Führung, zu Friedenskräften in der arabischen Welt, zu europäischen Politikern und zur Sozialistischen Internationale. Statt ihm den Posten des Außenministers zu geben, der ihm wohl angestanden hätte, statt ihn in die Vorbereitungen zu den Friedensverhandlungen einzubeziehen, fand er ihn mit der unwichtigen, nicht klar definierten Rolle eines Ministers für regionale Zusammenarbeit ab.

Nun wird Ehud Barak den Einsatz und die Unterstützung von Schimon Peres händeringend brauchen: Das persönliche Image des Ministerpräsidenten ist auch im Friedenslager auf solch einem Tiefstand, dass er es trotz der Präsentation eines Friedensvertragsentwurfs schwer haben dürfte, den kompromissfeindlichen Hardliner Ariel Scharon zu schlagen.

ANNE PONGER